01. Juli, 2025

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Brennendes Taybeh - Israels Siedler greifen christliches Dorf an

Im Westjordanland attackieren radikale Siedler das letzte christliche Dorf – ausgerechnet das friedliche Taybeh mit seiner Bierbrauerei. Während international das Entsetzen wächst, schweigt Israels Regierung. Und die Armee? Greift nicht die Täter an – sondern deren Opfer.

Brennendes Taybeh - Israels Siedler greifen christliches Dorf an
Letzte Bastion unter Beschuss: Taybeh ist das letzte rein christliche Dorf im Westjordanland – nach dem Siedlerangriff vom 25. Juni brannten Felder, ein Haus und ein Auto.

Ein Angriff bei Nacht

Am 25. Juni brannten in Taybeh die Felder, ein Haus, ein Auto. Die Täter: israelische Siedler. Der Ort: das letzte rein christliche Dorf im Westjordanland, international bekannt für sein Bier und das palästinensische Oktoberfest.

Bewaffnet mit Brandsätzen drangen Siedler nach Angaben von Bewohnern nicht nur in Taybeh ein, sondern auch ins benachbarte Kafr Malik – mit tödlichen Folgen: Drei Palästinenser starben. Die israelische Armee war anwesend – griff aber nicht ein.

Während Taybeh Sachschäden beklagt, bricht in Kafr Malik Trauer aus. Die Armee rechtfertigt ihr Vorgehen mit angeblichen Steinwürfen und Schüssen auf ihre Soldaten.

Doch wie so oft im Westjordanland prallen hier zwei Narrative aufeinander: Die Armee sieht sich provoziert – die Bewohner berichten von einem gezielten Übergriff, gedeckt vom Staat. Die fünf mutmaßlichen Angreifer wurden noch in der Nacht festgenommen – und am nächsten Morgen bereits wieder auf freien Fuß gesetzt.


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Taybeh: Symbol einer bedrohten Minderheit

Taybeh ist mehr als ein Dorf. Es ist eines der letzten Rückzugsgebiete christlicher Palästinenser – rund 1.500 Einwohner leben dort. Viele Familien betreiben Olivenhaine, Viehzucht oder arbeiten in der 2005 gegründeten Taybeh Brewery, die mit Bieren wie „Golden“ oder „Dark“ zu einer wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte in einem schwierigen Umfeld wurde.

Auch deshalb wird das Dorf regelmäßig von Besuchern aus aller Welt aufgesucht – vor allem zum „Oktoberfest of Palestine“, einem Fest der Hoffnung und des Miteinanders.

Der jüngste Angriff trifft damit nicht nur Menschen, sondern auch ein kulturelles Symbol. „Wann endet dieser unfaßbare Haß?“, fragt Abt Nikodemus Schnabel auf X. Die Bilder der brennenden Felder und zerschlagenen Fensterscheiben hätten aus einer anderen Zeit stammen können – wären sie nicht aus der Gegenwart.

Eine Gewaltspirale ohne Kontrolle

Die Übergriffe in Taybeh und Kafr Malik sind keine Einzelfälle. Laut der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem hat sich die Gewalt jüdischer Siedler gegen Palästinenser im Westjordanland seit dem 7. Oktober 2023 massiv verschärft.

Rund 900 Palästinenser wurden laut UN-Angaben seither getötet, darunter viele Zivilisten. Dutzende Dörfer wurden angegriffen, Ernten vernichtet, Häuser in Brand gesetzt.

Die Täter? Oft radikale Siedler, die sich als Vorhut einer jüdischen Expansion verstehen – ideologisch getrieben, politisch gedeckt. Die Reaktion des Staates? Halbherzig bis gleichgültig. Festnahmen verlaufen im Sande, Verfahren werden eingestellt oder gar nicht erst eröffnet.

Derweil wächst die internationale Kritik: Die EU, das US-Außenministerium und die Kirchenleitung in Jerusalem fordern Schutz für die christliche Minderheit und ein konsequentes Vorgehen gegen militante Siedler.

Wenn das Recht nur auf einer Seite steht

Israels Anspruch auf ein rechtsstaatliches Selbstverständnis gerät ins Wanken, wenn Armee und Polizei bei Angriffen nicht schützend zwischen Opfer und Täter treten – sondern zuschauen oder selbst zur Waffe greifen. Während Ministerpräsident Netanyahu verbal für Demokratie eintritt, duldet seine Regierung in der Praxis ein Klima der Straffreiheit für rechte Siedler.

Was bleibt, ist ein Gefühl der Ohnmacht. Für die Bewohner von Taybeh, die nicht wissen, ob die nächste Nacht ruhig bleibt. Für die internationale Gemeinschaft, deren Appelle verhallen. Und für alle, die an einen gerechten Frieden im Heiligen Land glauben möchten – und sich fragen, wie viele Dörfer noch brennen müssen, bevor irgendjemand Konsequenzen zieht.

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