10. September, 2025

Unternehmen

Bosch wagt den Software-Schwenk – und setzt Milliarden auf „By-Wire“

Der weltgrößte Autozulieferer kämpft sich aus der Absatzflaute. Mit Brems- und Lenkungssystemen ohne mechanische Verbindung will Bosch ein Milliardengeschäft aufbauen. Doch der Wandel hin zum softwaregetriebenen Auto verlangt einen Bruch mit alten Prinzipien.

Bosch wagt den Software-Schwenk – und setzt Milliarden auf „By-Wire“

Wachstumsziel trotz Gegenwind

Bosch stemmt sich gegen die Schwäche der Autobranche. Während viele Hersteller Absatz und Margen verlieren, erwartet der Konzern in seiner Mobilitätssparte für 2025 ein Umsatzplus von knapp zwei Prozent auf rund 57 Milliarden Euro.

Das klingt bescheiden, bedeutet aber die Rückkehr auf Wachstumskurs nach einem Minus im Vorjahr. Damit macht das Geschäft mit Fahrzeugtechnik weiterhin zwei Drittel des Konzernumsatzes aus.

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Bremsen ohne Bremspedal-Verbindung

Herzstück der neuen Strategie sind sogenannte By-Wire-Lösungen – Bremse und Lenkung funktionieren nicht mehr mechanisch oder hydraulisch, sondern rein elektronisch.

Für den Fahrer kaum sichtbar, für die Industrie eine Revolution: Diese Technik gilt als Voraussetzung für automatisiertes Fahren und softwaredefinierte Fahrzeuge. Bosch kalkuliert bis 2032 ein kumuliertes Umsatzpotenzial von über sieben Milliarden Euro.

Konkurrenz schläft nicht

Auch Rivalen wie ZF mischen bereits mit. Erste Aufträge kommen aus China – unter anderem von Nio. Mercedes hat inzwischen ebenfalls bestellt. Bosch setzt auf die eigene Kombination aus Hardware- und Softwarekompetenz.

Vehicle Motion Management unter Beweiszwang: Bis 2028 fließt ein dreistelliger Millionenbetrag in die Zentralssoftware; sie läuft bereits bei > 2 Dutzend Herstellern. Entscheidend wird, ob Over-the-Air-Updates stabil und haftungssicher skaliert werden.

Doch genau hier hat sich die Spielregel verändert: Früher verkaufte man eine Komponente mit der passenden Steuerung, heute muss Software mit unterschiedlichster Hardware kompatibel sein.

Paradigmenwechsel: Software zuerst

Bosch-Chef Stefan Hartung betont, das Unternehmen könne beides – Hardware und Software. Doch die Reihenfolge hat sich verschoben: Künftig wird die Hardware nach den Anforderungen der Software entworfen, nicht umgekehrt.

Das bedeutet enorme Investitionen und neue Entwicklungslogik. Allein in die Steuerungssoftware „Vehicle Motion Management“ steckt Bosch bis 2028 einen dreistelligen Millionenbetrag. Sie steuert Bremse, Lenkung, Antrieb und Fahrwerk zentral – und läuft schon bei über zwei Dutzend Herstellern.

Internationale Allianzen

Weil niemand die Softwarewelt allein dominiert, sucht Bosch Partner. In China arbeitet man mit WeRide und Horizon Robotics an automatisierten Fahrfunktionen, in Europa mit Cariad, der Software-Tochter von Volkswagen. Diese Allianzen sind mehr als Zweckgemeinschaften: Ohne lokale Kooperationen droht selbst Branchenführern der Anschluss. Besonders in China schreitet der Einsatz von KI im Auto rasant voran.

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Bosch demonstrierte kürzlich ein Fahrzeug, das in einer deutschen Innenstadt vollautomatisiert fuhr – trainiert allerdings auf chinesischen Straßen.

Fahrzeugcomputer als Wachstumssäule

Parallel wächst das Geschäft mit Hochleistungsrechnern um mehr als fünf Prozent pro Jahr. Moderne Autos ersetzen Dutzende kleiner Steuergeräte durch wenige zentrale Rechner. Bosch liefert entsprechende Systeme etwa an BMW und in China an SAIC-GM. Dort ermöglichen sie sprachgesteuerte Cockpits mit künstlicher Intelligenz.

Zwischen Aufbruch und Risiko

Bosch will sich im Zeitalter der „Software Driven Mobility“ an die Spitze setzen. Doch die Herausforderung ist gewaltig: Margen sind in der Softwarewelt härter umkämpft als bei klassischen Komponenten, die Konkurrenz aus China ist schnell und aggressiv, und die Abhängigkeit von Kooperationen wächst.

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