Ein Markt zwischen Politik und Profit
Noch vor wenigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass ETF-Anbieter mit Rüstung und Kriegsgerät werben. Heute läuft es fast beiläufig.
Blackrock, weltgrößter Vermögensverwalter, bringt mit dem iShares Europe Defence ETF nun ein weiteres Produkt an den Start, das Anlegern gezieltes Engagement in europäische Verteidigungsunternehmen ermöglicht.
Der ETF bildet den Stoxx Europe Targeted Defence Index ab – mit Fokus auf Unternehmen, deren Umsatz maßgeblich aus Militärausrüstung stammt.
„Unsere Kunden haben immer klarer formuliert, dass sie sich ein gezieltes Investment in europäische Sicherheit wünschen“, sagt Jane Sloan, Europa-Chefin für Produktstrategien bei Blackrock. Übersetzt: Sicherheit ist zur Assetklasse geworden.
Geopolitik als Geschäftstreiber
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist aus einem moralisch verminten Feld ein lukrativer Markt geworden. Die Rüstungsindustrie erlebt einen Nachfrageboom, getrieben von geopolitischen Spannungen, gestiegenen Wehretats und einer politischen Kehrtwende in vielen EU-Staaten.
Laut SIPRI, dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut, haben die europäischen NATO-Staaten ohne die USA ihre Militärausgaben allein von 2022 auf 2023 um 68 Milliarden US-Dollar erhöht – ein Plus von 19 Prozent. 2024 stiegen die Verteidigungsbudgets aller NATO-Mitglieder erneut.
Blackrock positioniert sich nun in diesem Wachstumsfeld. Die Verwaltungsgebühr liegt bei 0,35 % – genauso wie beim Konkurrenzprodukt von Amundi. Andere Anbieter wie Global X oder Wisdomtree verlangen 0,40 %.

Der Markt formiert sich
Der iShares Europe Defence ETF ist nicht der erste Fonds dieser Art, aber einer der sichtbarsten. Derzeit tummeln sich mehrere Anbieter in diesem neuen Segment: Der Vaneck Defense ETF etwa verwaltet bereits über 5 Milliarden US-Dollar. Weitere Produkte kommen von Wisdomtree, Han-ETF und Global X – alle mit Fokus auf europäische Rüstungsunternehmen.
Blackrocks Strategie: europäisches Kapital soll in europäische Firmen fließen, die wiederum in Waffen, Sensoren, Raketenabwehr oder taktische Systeme investieren. „Made in Europe“ heißt das in der Sprache der EU-Kommission – und soll die Abhängigkeit von US-Zulieferern verringern.
Rüstungsinvestments bislang unterrepräsentiert
Eine interne Analyse von Blackrock zeigt: Lediglich 2 % der Portfolios im EMEA-Raum investieren explizit in Verteidigung. Der durchschnittliche Allokationsanteil liegt unter 1,6 %. Das sei, so die Argumentation von Blackrock, deutlich zu wenig – und biete Nachholpotenzial.
Die Nachfrage sei vorhanden, sagen die Anbieter. Ein Blick auf das Volumen des Vaneck Defense ETF gibt ihnen recht. Binnen kürzester Zeit ist der Fonds zur Milliardenklasse herangewachsen.
Dass der neue iShares-Fonds ebenfalls binnen weniger Monate Milliardenvolumen einsammeln wird, ist wahrscheinlich – nicht zuletzt wegen der dominanten Marktstellung des Anbieters.
Die neue Normalität: Waffen als Indexgewicht
Was früher als Tabubruch gegolten hätte, ist heute ein Verkaufsargument. Ein ETF, der ausschließlich Unternehmen enthält, die Militärflugzeuge, Raketen oder Panzerkomponenten liefern – früher hätte das Investor Relations-Krisen ausgelöst.
Heute wird es von der EU-Kommission im Kontext „Resilienz“ begrüßt. Die SFDR-Klassifizierung des ETFs ist folgerichtig: Artikel 6, also ohne Nachhaltigkeitsfokus.
Kritiker sehen in der ETFisierung der Rüstungsindustrie eine schleichende Normalisierung militärischer Logik in der Finanzwelt. Doch für viele Investoren zählt die Performance – nicht das Produkt.
Rüstung wird investierbar – und bleibt umstritten
Der neue ETF ist Ausdruck eines Paradigmenwechsels. Verteidigung ist nicht länger ein Thema für Ministerien – sondern für Märkte. Wer sich bisher schwergetan hat, in Rüstungsaktien zu investieren, erhält nun ein „sauberes“ Indexprodukt mit klaren Regeln und einfachem Zugang.
Ob das gut oder schlecht ist, bleibt eine politische Frage. Aber dass es lukrativ ist, daran zweifelt in der Branche kaum jemand.