BioNTech schluckt CureVac - jetzt Einsteigen?

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BioNTech schluckt CureVac - jetzt Einsteigen?

Der Mainzer Impfstoffpionier BioNTech übernimmt den einstigen Hoffnungsträger CureVac aus Tübingen. Für Aktionäre, Staat und Forschung ist der spektakuläre Deal Chance und Mahnung zugleich.

Wer glaubte, die großen Übernahmeschlachten der mRNA-Ära seien nach der Pandemie ausgestanden, sieht sich nun eines Besseren belehrt.

BioNTech, bekannt geworden als Hoffnungsträger im Kampf gegen Covid-19, schiebt die nächste milliardenschwere Akquisition an – und verleibt sich den einstigen Rivalen CureVac ein.

Quelle: Eulerpool

1,25 Milliarden Dollar lässt sich der Mainzer Konzern den Kauf der Tübinger Forscher kosten. Pro Aktie sind das rund 5,46 Dollar – satte 55 Prozent über dem gewichteten Drei-Monats-Durchschnittskurs der CureVac-Papiere.

Quelle: Eulerpool

Vom Shootingstar zum Übernahmeziel

Für viele Beobachter markiert der Deal nicht nur eine Wachablösung in der deutschen Biotech-Szene, sondern auch das ernüchternde Ende einer kurzen Erfolgsgeschichte.

Während BioNTech mit Pfizer an seiner Seite den weltweit ersten zugelassenen mRNA-Impfstoff entwickelte und Milliardenumsätze erzielte, blieb CureVac hinter den hochgesteckten Erwartungen zurück.

Trotz hoher staatlicher Fördergelder, darunter auch 300 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt, scheiterte CureVac in der Pandemie letztlich an der entscheidenden Hürde: der klinischen Wirksamkeit.

Die Bundesregierung dürfte auf den Kaufpreis daher mit gemischten Gefühlen blicken. Zum Zeitpunkt der staatlichen Beteiligung notierte die Aktie noch deutlich höher. Für den Steuerzahler bedeutet der jetzige Verkauf eine bittere Wertvernichtung.

Strategische Synergien statt Konkurrenz

Für BioNTech dagegen ist die Übernahme nicht nur eine Entmachtung eines ehemaligen Rivalen, sondern auch ein strategischer Schachzug im Kampf um die nächste große Wachstumswelle: die Onkologie.

„Wir investieren gezielt in komplementäre Fähigkeiten, um künftig neue Standards in der Krebstherapie setzen zu können“, erklärte BioNTech-Chef Ugur Sahin.

Mit dem Zukauf sichert sich der Mainzer Konzern nicht nur CureVacs Know-how, sondern auch wichtige Patente, die bereits für Streit zwischen den beiden Unternehmen gesorgt hatten.

Der Zeitpunkt des Deals dürfte dabei kein Zufall sein: Nach dem Megaerfolg der Covid-19-Impfstoffe ist BioNTech auf der Suche nach neuen Wachstumsfeldern.

Die Krebsforschung gilt dabei als der heißeste Markt – sowohl wissenschaftlich als auch finanziell.

Der Preis des späten Erfolgs

Anleger reagierten anfangs erfreut: CureVac-Papiere legten nach Bekanntwerden der Übernahme um knapp 30 Prozent zu.

Für viele Altaktionäre, die während des Pandemie-Hypes einst zu dreistelligen Kursen eingestiegen waren, bleibt der Deal dennoch ein schmerzhafter Schnitt.

Aus kurzfristiger Sicht ist der 55-Prozent-Aufschlag attraktiv – langfristig gesehen aber ein symbolischer Schlussstrich unter gescheiterte Ambitionen.

Mindestannahmeschwelle als letzte Hürde

Vollständig abgeschlossen ist die Transaktion noch nicht. Damit der Deal wirksam wird, müssen mindestens 80 Prozent der CureVac-Aktionäre zustimmen – BioNTech behält sich jedoch das Recht vor, diese Schwelle auf 75 Prozent zu senken.

Von der Pandemie-Rivalität zum milliardenschweren Zusammenschluss: BioNTech sichert sich mit dem Kauf von CureVac nicht nur Know-how, sondern auch strategischen Einfluss auf dem boomenden Onkologiemarkt.

Branchenkenner rechnen mit einer raschen Einigung, da sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat beider Unternehmen dem Verkauf bereits zugestimmt haben.

Ein Signal für die Branche

Der Coup dürfte weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Signalwirkung entfalten. Die mRNA-Technologie, die einst primär als Impfstoffplattform startete, wird zunehmend zum Hoffnungsträger in der personalisierten Medizin.

Krebs, Autoimmunerkrankungen, seltene Erbkrankheiten – das Einsatzspektrum wird breiter. Und BioNTech will sich mit dem Zukauf eine führende Rolle in diesem Rennen sichern.

Lehren aus dem CureVac-Debakel

Für den deutschen Staat und seine Förderpolitik ist die Übernahme auch Anlass zur kritischen Reflexion. CureVac war eines der prominentesten Beispiele für staatliche Industriepolitik in der Corona-Zeit.

Der spektakuläre Absturz des Börsenkurses zeigt einmal mehr: Politische Förderung ersetzt kein belastbares Geschäftsmodell. Innovation bleibt riskant – auch mit Steuergeldern.