Ein Kauf mit mehreren Botschaften
Biontech räumt auf. Mit der geplanten Übernahme des Tübinger Biotechunternehmens Curevac für rund 1,25 Milliarden Dollar beendet der Mainzer Konzern nicht nur eine jahrelange Rivalität.
Er sichert sich Patente, entledigt sich eines lästigen Rechtsstreits und verschafft seiner Onkologie-Forschung frische Impulse.
Die Botschaft ist klar: Biontech will den Umbau zum Krebsforschungsriesen beschleunigen. Die Covid-Pandemie hat dem Unternehmen Milliarden gebracht, doch die Impfstoffverkäufe schrumpfen inzwischen rapide. Neue Wachstumsfelder sind gefragt.
„Eine Investition in die Zukunft der Krebsmedizin“, nennt es CEO Ugur Sahin.
Curevac: Vom Hoffnungsträger zum Übernahmekandidaten
Für Curevac endet mit dem Deal eine Achterbahnfahrt. Das Unternehmen war 2020 an die Börse gegangen, galt damals als einer der großen deutschen Hoffnungen im weltweiten Impfstoffrennen.
Doch während Biontech gemeinsam mit Pfizer den Durchbruch schaffte, scheiterte Curevac mit seinem Covid-Impfstoff. Der Börsenkurs stürzte von zeitweise über 100 Euro auf zuletzt knapp drei Euro ab.

Der Einstieg von Biontech kommt nun mit einem versöhnlichen Aufschlag: Curevac-Aktionäre sollen für ihre Anteile Biontech-Aktien im Wert von rund 5,46 Dollar pro Aktie erhalten – 34 Prozent über dem letzten Kurs.
Mehr als die Hälfte der Curevac-Investoren hat dem Tausch bereits zugestimmt, mindestens 80 Prozent müssen es für den Vollzug werden.
Patente, Prozesse, Milliarden
Hinter dem Deal steckt aber mehr als nur Wachstumshunger. Curevac und Biontech lieferten sich seit Jahren einen erbitterten Patentstreit um die mRNA-Technologie.
Im Raum standen milliardenschwere Forderungen, die Biontech im schlimmsten Fall teuer zu stehen gekommen wären. Durch die Übernahme verschwinden diese Risiken nun elegant von der Bilanz.
„Technologisch bringt Curevac Biontech wenig Neues. Es geht vor allem um die Absicherung der Patentrechte“, sagt Fondsmanager Markus Manns von Union Investment.
Analyst Bill Maughan von Clearstreet zählt zu den optimistischsten Beobachtern: Er sieht die Biontech-Aktie mit einem Kurspotenzial von rund 70 Prozent.
Für den Staat immerhin ein Teilerfolg
Auch der Bund ist in die Geschichte verwickelt. Während der Pandemie hatte sich der Staat mit 300 Millionen Euro an Curevac beteiligt. Vieles davon schien verloren, als Curevac scheiterte.
Jetzt könnte der Staat durch den Aktientausch immerhin noch Biontech-Papiere im Wert von rund 163 Millionen Dollar erhalten. Im Wirtschaftsministerium zeigt man sich entsprechend offen für die Transaktion, auch wenn noch Prüfprozesse laufen.
Der neue deutsche Biotech-Konzern
Mit der Übernahme wächst Biontech endgültig über seine Rolle als Pandemie-Gewinner hinaus. Der Konzern entwickelt sich zum führenden deutschen Biotech-Unternehmen mit internationalem Anspruch.
Neben den Kooperationen mit Pfizer und Bristol Myers Squibb stärkt der Curevac-Kauf nun auch die mRNA-Basis für künftige Krebsforschungen.
Die Finanzmärkte reagieren bislang wohlwollend. Curevac-Aktien schossen nach Bekanntgabe der Pläne kräftig nach oben, Biontech notierte stabil. Entscheidend wird nun sein, ob es Biontech gelingt, die Curevac-Teams in die eigene Forschungsstruktur sinnvoll einzubinden.
Ein Ende mit Symbolkraft
Der Deal markiert auch das Ende einer Geschichte, die einmal mit großen Hoffnungen für zwei deutsche Biotech-Firmen begann. Während Biontech mit seinem Impfstoff Geschichte schrieb, blieb Curevac das Happy End lange verwehrt. Nun schließt sich der Kreis – unter dem Dach des deutlich stärkeren Rivalen.
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