Von der Hoffnung zum Hype – und wieder zurück
Kaum ein Titel an der Wall Street spiegelt die Irrfahrt zwischen Zukunftsversprechen und Marktrealität so grell wider wie Beyond Meat. An einem Tag schießt die Aktie um 20 Prozent nach oben, am nächsten stürzt sie doppelt so stark ab. Allein in den vergangenen fünf Handelstagen legte das Papier um mehr als 400 Prozent zu – ein Kursfeuerwerk, das weniger mit fundamentaler Stärke als mit einer massiven Short-Spekulation zu tun hat.
Denn die Aktie ist derzeit ein Lieblingsobjekt für Leerverkäufer. Zeitweise waren mehr als 100 Prozent des frei handelbaren Aktienbestands leerverkauft – ein paradoxes, aber in volatilen Nischenwerten mögliches Phänomen. Wenn dann eine Welle von Kleinanlegern auf Reddit oder Discord den „Short Squeeze“ wittert, reichen schon wenige Käufe, um den Kurs explodieren zu lassen.
Zwischen Meme-Mythos und Marktmisere
Was sich für Außenstehende nach Erfolg anhört, ist in Wahrheit ein Lehrbuchbeispiel für Marktexzesse. Beyond Meat war einst das Vorzeigeunternehmen einer ganzen Branche – der Vision, Fleisch ohne Tier herzustellen. Doch vom Hype rund um vegane Burger ist wenig geblieben. Der Absatz stagniert, der Preiswettbewerb tobt, die Margen sind tiefrot.
Während Wettbewerber wie Nestlé oder Tyson Foods ihre pflanzlichen Produktlinien längst verschlankt haben, kämpft Beyond Meat ums Überleben. Der operative Cashflow ist negativ, die Schulden drücken, und die Kapitalerhöhungen der vergangenen Jahre haben die Altaktionäre spürbar verwässert.
Spekulanten statt Strategen
Trotz aller Probleme bleibt das Papier ein Magnet für Trader. Der Grund: Die extreme Volatilität verspricht schnellen Gewinn – oder schmerzhaften Verlust. Kooperationen mit Handelsketten wie Walmart oder eine Umwandlung von Schulden in Eigenkapital bringen kurzfristige Fantasie in den Kurs, ändern aber nichts an der schwachen Bilanz.
Der eigentliche Markt für pflanzliche Proteine hat sich derweil abgekühlt. Nach einer Phase des Überangebots und enttäuschter Erwartungen wächst das Segment kaum noch. Konsumenten kehren vermehrt zu klassischen Fleischprodukten zurück, auch weil viele Alternativen in Preis und Geschmack nicht mithalten.
Analysten schlagen Alarm
Die Investmenthäuser zeigen sich daher nahezu einhellig skeptisch. Von acht befragten Analysten raten fünf explizit zum Verkauf, drei empfehlen, die Aktie zu halten – niemand sieht derzeit einen Kaufgrund. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 2,20 US-Dollar, also unter dem aktuellen Marktwert.
„Beyond Meat ist ein Musterfall für überzogene Erwartungen, die auf schwachen Fundamentaldaten fußen“, sagt ein Analyst eines großen US-Brokers gegenüber der IW. „Die Kursbewegungen haben mit Unternehmenswert nichts zu tun – sie sind reine Spekulation.“
Zwischen Vision und Wirklichkeit
Beyond Meat wollte einst die Fleischindustrie revolutionieren – heute kämpft das Unternehmen darum, nicht selbst geschlachtet zu werden. Die Idee, den globalen Proteinbedarf pflanzlich zu decken, bleibt faszinierend. Doch solange Kosten, Geschmack und Konsistenz nicht überzeugen, bleibt der Traum von der Fleischfreiheit ein teurer.
An der Börse gilt derweil eine andere Wahrheit: Was als Ernährungswende begann, ist längst zu einem Spielplatz für Spekulanten geworden.

