Ein Berliner Gericht hat am Dienstag eine Demonstrantin zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt, weil sie auf einer pro-palästinensischen Kundgebung im Oktober den Slogan „From the river to the sea, Palestine will be free“ skandierte. Der Richter, Birgit Balzer, erklärte, dass dieser Satz nur als Leugnung des Existenzrechts Israels verstanden werden könne. Die Kundgebung fand nur wenige Tage nach den schweren Anschlägen der Hamas auf Israel am 7. Oktober statt.
Der Slogan, der je nach Kontext unterschiedlich interpretiert wird, wurde in Deutschland verboten, da er im Wesentlichen als ein Aufruf zur Auslöschung Israels angesehen wird. Die Gerichtsverhandlung wurde als Testfall für dieses Verbot betrachtet, das nach den Angriffen eingeführt wurde. Laut dem Landgericht Tiergarten in Berlin konnte die Äußerung der Angeklagten, Ava Moayeri, nur als Unterstützung der Angriffe und als Verneinung des israelischen Existenzrechts gewertet werden.
Der Israel-Hamas-Konflikt hat die feine Linie zwischen Meinungsfreiheit und Deutschlands besonderem Verhältnis zu Israel hervorgehoben. Seit dem Holocaust gehört die Unterstützung Israels zu den Grundpfeilern der deutschen Politik, ein Prinzip, das als Staatsräson bezeichnet wird. Seit dem 7. Oktober hat sich die Aktivismuslandschaft in Deutschland aufgrund dieser Spannungen verändert, mit zahlreichen Absagen von Veranstaltungen, Verboten und hitzigen Debatten darüber, was über Israel und den Krieg gesagt werden darf.
Die verurteilte Demonstrantin, Ava Moayeri, ist eine 22-jährige Deutsche iranischer Abstammung, die ursprünglich mit einer Höchststrafe von drei Jahren Haft rechnen musste. Ihr Anwalt, Alexander Gorski, bezeichnete die Entscheidung als „einen eher dunklen Tag für die Meinungsfreiheit in Deutschland“ und wies die Interpretation des Richters zurück.
„Aus meiner Sicht sollte der Slogan niemals Teil einer strafrechtlichen Untersuchung sein; wenn einige Menschen mit der Phrase unzufrieden sind, sollten sie in der Lage sein, dieser mit ihren eigenen Ideen zu begegnen – so sollte eine liberale Demokratie funktionieren“, sagte Gorski. „Doch stattdessen lässt der deutsche Staat und Berlin Repressionen auf die pro-palästinensische Bewegung niederprasseln.“ Gorski fügte hinzu, dass Moayeri beabsichtige, Berufung gegen das Urteil einzulegen.