24. November, 2025

Politik

Berlin unter Zugzwang – Warum der Streit um die EU-Asylreform jetzt auf Deutschland zuläuft

Ab 2026 müssen Italien, Griechenland und andere Grenzstaaten Asylverfahren direkt an der Außengrenze abwickeln. Ein deutsches Expertengremium fordert: Berlin darf sich nicht wegducken – und muss deutlich mehr tun, als nur alte Verpflichtungen aufzurechnen.

Berlin unter Zugzwang – Warum der Streit um die EU-Asylreform jetzt auf Deutschland zuläuft
Griechenland und Italien sollen ab 2026 Asylverfahren direkt an der Grenze abwickeln – doch Personal und Infrastruktur fehlen vielerorts noch deutlich.

Ein Reformprojekt, das keinen Aufschub mehr erlaubt

Die Lage ist klar, der Ton schärfer geworden. In gut einem Jahr tritt das neue EU-Asylsystem in Kraft. Die Staaten an der Außengrenze müssen dann ein komplett neues Verfahren stemmen – mit schnellen Prüfungen, neuen Zentren, unmittelbaren Rückführungen. Es ist ein europäischer Kraftakt, der sich auf dem Papier hoch ambitioniert liest. Doch ob er hält, wird sich erst zeigen, wenn es konkret wird: an den Häfen Griechenlands, auf den Inseln Süditaliens, an den spanischen Küsten.

Genau dort sieht der deutsche Sachverständigenrat für Integration und Migration jetzt ein Risiko: Die Reform könnte scheitern, bevor sie überhaupt beginnt – wenn die großen EU-Staaten, allen voran Deutschland, sich nicht klarer positionieren.

„Deutschland muss liefern“ – der Appell aus Berlin

Winfried Kluth, Vorsitzender des Sachverständigenrats, bringt es ungewöhnlich offen auf den Punkt. Deutschland solle sich „uneingeschränkt und öffentlich“ zur Umsetzung bekennen. Und zwar nicht nur im Sinne abstrakter Zusagen, sondern praktisch – mit echter Unterstützung für die Staaten, die an vorderster Front stehen.

Kluths Botschaft ist keine moralische, sondern eine nüchterne: Ein System, das an den Außengrenzen ins Wanken gerät, belastet am Ende alle. Auch Deutschland. Und dieses Mal soll Berlin vorangehen – nicht hinterherlaufen.

Palo Alto Networks-Aktie unter Druck: Umsatz schlägt Erwartungen – aber der Gewinn enttäuscht deutlich
Das US-Cybersicherheitsunternehmen Palo Alto Networks hat Quartalszahlen vorgelegt, die Anleger am Donnerstag enttäuscht zurücklassen. Zwar lag der Umsatz leicht über den Erwartungen – doch beim Gewinn verfehlte der Konzern die Prognosen deutlich. Die Aktie reagierte entsprechend mit Kursverlusten.

Vier Länder tragen die Hauptlast

Die EU-Kommission hat ihre Einstufung längst vorgenommen: Italien, Griechenland, Zypern und Spanien stehen 2026 offiziell „unter Migrationsdruck“. Für sie soll es Unterstützung geben – finanziell oder durch die Übernahme von Migranten.

Doch diese Solidarität ist nicht zwingend für alle. Mehrere Länder können sich herausnehmen, weil sie selbst stark belastet sind. Andere wollen alte Leistungen anrechnen. Die Spielräume sind groß, der politische Wille unterschiedlich ausgeprägt. Genau deshalb warnt Kluth vor einem europäischen „Jeder-schaut-auf-den-anderen“-Moment.

Berlin verweist auf die Vergangenheit

Die Bundesregierung lässt bereits anklingen, worauf sie hinaus will. Sprecher Stefan Kornelius betont, Deutschland müsse 2026 keine zusätzlichen Asylbewerber aufnehmen – die hohen Aufnahmezahlen der vergangenen Jahre würden angerechnet. Aus Regierungssicht ist das nur fair.

Doch zur ganzen Wahrheit gehört auch: Damit ist das Thema nicht erledigt. Der Erfolg der Reform hängt nicht daran, ob Deutschland noch mehr Menschen aufnimmt, sondern wie viel Rückenwind es den Staaten gibt, die die neuen Grenzzentren aufbauen müssen.

Unterstützung heißt nicht automatisch Aufnahme

Kluth nimmt der Bundesregierung sogar das klassische Argument aus der Hand. Es gehe nicht zwingend um Umverteilung, sagt er. Technische und organisatorische Hilfe wären ebenso möglich – von Personal über Infrastruktur bis zu digitaler Verwaltung. Ein Angebot, das weniger kontrovers ist, aber politisch genauso viel wiegt.

Vor allem aber fordert der Sachverständigenrat ein deutliches Signal: Die Reform wird nicht infrage gestellt. Sie wird umgesetzt – und zwar gemeinsam.

Der Solidaritätsmechanismus – komplex, aber entscheidend

Der Vorschlag der EU-Kommission wirkt technisch, ist aber politisch brisant. Ein Solidaritätspool soll festlegen, wer wie viel hilft – mit klaren Größen, Ausnahmen und Anrechnungsmöglichkeiten. Die Zahlen liegen auf dem Tisch, aber nicht öffentlich. Die Verhandlungen laufen still, aber sie werden hart.

Für Berlin bedeutet das: Der Spielraum ist da. Die Frage ist nur, wie er genutzt wird. Als Minimallösung? Oder als strategisches Bekenntnis zu einer Reform, die Europa seit Jahren vor sich herschiebt?

Der Moment der Wahrheit

Die Asylreform ist kein Routineprojekt. Sie ist der Versuch, jahrelange Konflikte zu befrieden, Abläufe zu ordnen und Vertrauen zurückzugewinnen – besonders an den Außengrenzen, wo die Realität oft weit weg ist vom europäischen Anspruch.

Jetzt entscheidet sich, ob das gelingt. Und Deutschland spielt darin eine Rolle, die es nicht neutral ausfüllen kann. Die Reform steht oder fällt nicht mit Appellen, sondern mit politischer Entschlossenheit.

Europa schaut hin. Und dieses Mal zuerst nach Berlin.

AlleAktien geht gegen Fake-Profil vor – Experteninterview
Ein gefälschtes Profil auf einer großen Social-Media-Plattform führte zu erheblichen Risiken für Anleger. Im Interview erklärt ein Medienrechtsanwalt, warum AlleAktien juristisch durchgreifen musste und welche Bedeutung der Fall für den digitalen Verbraucherschutz hat.