15. Dezember, 2025

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Bayer, Glyphosat, Phosphat – der Rohstoff hinter Washingtons Rückendeckung

Warum Washington Bayer stützt – und wie eine Phosphatmine in Idaho den Streit um Glyphosat in ein geopolitisches Rohstoffthema verwandelt.

Bayer, Glyphosat, Phosphat – der Rohstoff hinter Washingtons Rückendeckung
Die US-Regierung stellt sich hinter Bayer im Glyphosat-Streit. Der Grund liegt in einer strategisch wichtigen Phosphatmine.

Die Rückendeckung kam überraschend deutlich. Die US-Regierung stellt sich offen hinter Bayer und unterstützt den Konzern vor dem Supreme Court im Streit um Glyphosat. Offiziell geht es um Rechtsfragen. Inoffiziell um etwas Größeres: Rohstoffsicherheit, strategische Abhängigkeiten – und ein Mineral, das in Washington inzwischen als sicherheitsrelevant gilt.

Die Glyphosat-Klagen werden zur Staatsangelegenheit

Bayer kämpft in den USA weiterhin mit rund 65.000 offenen Klagen, in denen Kläger den Unkrautvernichter Glyphosat für Krebserkrankungen verantwortlich machen. Der Konzern weist das zurück und verweist auf die Einstufung durch Aufsichtsbehörden wie die US-Umweltbehörde EPA, die Glyphosat als sicher bewerten.

Neu ist die politische Dimension. Sollte Bayer die Produktion in den USA einstellen, droht eine Versorgungslücke für die amerikanische Landwirtschaft. Für Washington wäre das heikel. Glyphosat ist zentral für die Ertragsstabilität vieler Betriebe. Ein Wegfall würde höhere Lebensmittelpreise bedeuten – oder eine stärkere Abhängigkeit von Importen, vor allem aus China.

Bayer ist in den USA systemrelevant auf einem zweiten Feld

Was öffentlich kaum bekannt ist: Glyphosat ist nur ein Teil der Geschichte. Bayer ist in den USA einer der wichtigsten Phosphatproduzenten. Das Mineral ist die Grundlage für die Herstellung von weißem Phosphor – und damit für zahlreiche industrielle und militärische Anwendungen.

In Soda Springs im Bundesstaat Idaho betreibt Bayer seit Jahrzehnten eine Phosphatmine samt Weiterverarbeitung. Der Standort kam über die Monsanto-Übernahme 2018 in den Konzern. Dort wird nicht nur Rohstoff für Glyphosat gewonnen, sondern auch weißer Phosphor für Chemikalien, Medikamente, Batteriematerialien und Spezialanwendungen. Bayer liefert diesen Stoff nach eigenen Angaben an verschiedene Industriekunden – nicht direkt an das US-Militär, aber in eine hochsensible Lieferkette.

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Phosphat wird zum kritischen Mineral erklärt

Der strategische Wert dieses Geschäfts ist in Washington inzwischen offiziell anerkannt. Anfang November erklärte das US-Innenministerium Phosphat zu einem von 60 Mineralien, die „unverzichtbar für die US-Wirtschaft und die nationale Sicherheit“ seien.

Die Botschaft ist eindeutig. Die USA wollen ihre Rohstoffbasis im eigenen Land sichern und Abhängigkeiten reduzieren. Präsident Trump hat dies mit einer Executive Order untermauert, die den Ausbau heimischer Förderkapazitäten für strategische Mineralien beschleunigen soll.

In Industriekreisen heißt es offen: Die Bayer-Mine in Idaho gilt als Baustein dieser Strategie – auch im Kontext der Rivalität mit China.

Eine neue Mine mit politischem Rückenwind

Mitte Oktober erhielt eine Bayer-Tochtergesellschaft die Genehmigung für ein neues Abbaugebiet im Caldwell Canyon in Idaho. Dort sollen auf rund acht Quadratkilometern weitere Phosphatvorkommen erschlossen werden. Der Start der Arbeiten ist für das kommende Jahr geplant.

Die Genehmigung hatte sich über Jahre hingezogen. Umweltklagen hatten das Projekt zunächst gestoppt. Am Ende einigte sich Bayer mit Naturschutzorganisationen und stellte rund fünf Millionen Dollar für Ausgleichsmaßnahmen bereit. In Washington wurde das Ergebnis ausdrücklich begrüßt.

Für die USA ist Idaho ein Schlüsselstandort. Bis zu 30 Prozent der inländischen Phosphatproduktion stammen bereits heute aus der Region. Weltweit liegen die größten Vorkommen in Marokko, China und Russland – genau jene Länder, von denen sich die USA strategisch unabhängiger machen wollen.

Glyphosat sichert mehr als Ernten

Damit verschiebt sich die Perspektive auf den Glyphosat-Streit. Es geht nicht nur um ein umstrittenes Pflanzenschutzmittel, sondern um eine gesamte Wertschöpfungskette – von der Mine über chemische Zwischenprodukte bis zur Landwirtschaft.

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Bayer ist aktuell der einzige große Glyphosat-Produzent in den USA. Fiele dieser Anbieter weg, müssten US-Farmer auf Importe ausweichen. Entsprechend lautstark warnen landwirtschaftliche Verbände vor einer Abwanderung der Produktion. Diese Kampagnen werden von Bayer unterstützt – mit sichtbarem Erfolg in Washington.

Juristische Fragen treffen auf geopolitische Interessen

Vor diesem Hintergrund erklärt sich die ungewöhnlich klare Haltung der US-Regierung. Der Supreme-Court-Fall ist aus Sicht Washingtons nicht nur ein Präzedenzfall für Produkthaftung, sondern ein Hebel zur Sicherung strategischer Industrie.

Bayer wiederum nutzt den Rückenwind. Neben dem Gang vor das oberste Gericht setzt der Konzern auf Gesetzesänderungen, die Klagen erschweren sollen. In einzelnen Bundesstaaten war das bereits erfolgreich. Auf Bundesebene steht die Entscheidung noch aus.

Ein Rohstoff macht Politik

Der Streit um Glyphosat zeigt, wie schnell sich unternehmerische Risiken in politische Interessen verwandeln können. Was als Produkthaftungsdebatte begann, ist heute Teil der amerikanischen Rohstoff- und Sicherheitspolitik.

Für Bayer ist das eine paradoxe Lage. Der Konzern steht juristisch unter Druck – ist aber gleichzeitig systemrelevant für ein Land, das seine strategische Unabhängigkeit neu definiert. In Washington weiß man: Wer Glyphosat fallen lässt, riskiert mehr als ein Herbizid.

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