17. Oktober, 2025

Apple streicht das „+“ – und setzt auf Macht durch Minimalismus

Mit der Umbenennung von Apple TV+ in Apple TV vollzieht der Techkonzern einen radikalen Schritt zurück zur Einfachheit. Branding-Experten sehen darin keine Verwirrung, sondern einen Akt der Selbstsicherheit – und einen Angriff auf Netflix und Disney.

Apple streicht das „+“ – und setzt auf Macht durch Minimalismus
Minimalismus als Markenstrategie: Apple streicht das „+“ und setzt auf einheitliche Namensführung – doch die Gleichheit von App, Gerät und Streamingdienst sorgt bereits für Verwirrung unter Nutzern.

Wenn Einfachheit zur Strategie wird

Apple hat es wieder getan – ein stiller, aber symbolisch mächtiger Schritt. Ohne große Ankündigung hat der Konzern sein Streaming-Angebot umbenannt: Apple TV+ heißt ab sofort schlicht Apple TV. Keine Revolution, möchte man meinen – doch in der Welt der Markenpolitik ist dieser kleine Eingriff ein großes Signal.

Denn damit wirft Apple nicht nur ein Plus-Zeichen über Bord, sondern gleich eine ganze Ära digitaler Übertreibung. Fast jeder Streamingdienst hatte sich in den letzten Jahren ein „+“ ans Logo gehängt: Disney+, ESPN+, Paramount+. Jetzt geht Apple den umgekehrten Weg – und erklärt das Kapitel der überladenen Markennamen für beendet.

„Wenn eine Marke ikonisch geworden ist, ist Simplizität der ultimative Luxus“, sagt Matt Sia, Kreativchef der Londoner Designagentur Pearlfisher. Apples Entscheidung sei ein Ausdruck von Reife, Selbstbewusstsein – und Macht. Der Konzern signalisiere damit: Wir brauchen keine Zusatzzeichen mehr, um relevant zu sein.

Markenfusion statt Verwirrung

Auf den ersten Blick scheint der Schritt allerdings verwirrend. Schließlich gibt es bereits die Apple-TV-App auf iPhones, Macs und iPads – und das Apple-TV-Gerät, eine kleine schwarze Box, die seit Jahren als Streaming-Hub dient. Jetzt heißt auch der Streamingdienst Apple TV.

Doch Marketingstrategen sehen darin keine Schwäche, sondern Kalkül. „Apple rückt die Streamingplattform näher an die Hauptmarke heran“, erklärt Nick Cooper, Global VP bei der Brandingagentur Landor. „Damit nutzt der Konzern die Strahlkraft seines Namens – und das ist im Wettbewerb mit Netflix oder Disney ein unschätzbarer Vorteil.“

Tatsächlich ist Apple TV+ nie wirklich im Mainstream angekommen. Trotz preisgekrönter Serien wie Severance oder Ted Lasso blieb der Marktanteil gering. Laut Nielsen taucht der Dienst nicht einmal regelmäßig in den Top-Streamingcharts auf. Das neue Branding könnte also auch ein Versuch sein, Aufmerksamkeit durch Vereinfachung zu erzeugen – und Apples Identität stärker zu bündeln.

Wenn das „+“ zur Belastung wird

Apple ist nicht der erste Anbieter, der sich von seinem „+“ trennt. HBO machte es mit „HBO Max“, das inzwischen nur noch „Max“ heißt. ESPN wandelte „ESPN+“ in „ESPN Select“ um. Die Erkenntnis: Das „+“ sollte einst Modernität signalisieren – wurde aber bald zur sprachlichen Inflation.

„Niemand braucht das Plus“, sagt PR-Berater Chris Rosica trocken. Für ihn war das Symbol ohnehin nie mehr als ein Platzhalter: ein Versuch, Tradition und digitale Innovation gleichzeitig zu kommunizieren. Apple habe erkannt, dass echte Stärke nicht im Hinzufügen liegt – sondern im Weglassen.

Diese Entscheidung passt zur Markenphilosophie des Konzerns: radikale Reduktion. Schon Steve Jobs setzte auf Einfachheit als Designelement – „Simplicity is the ultimate sophistication“. Nun überträgt Apple diesen Ansatz vom Produktdesign auf die Markenführung.

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Zwischen Selbstbewusstsein und Selbstüberschätzung

Doch nicht alle sehen die Änderung als Geniestreich. Manche Experten fragen, ob die Namensgleichheit nicht mehr Verwirrung stiftet, als sie beseitigt. „Der Konsument hat längst eine emotionale Bindung an Inhalte, nicht an Dienste“, sagt Marketingberater Jesse Unger. „Die Vereinfachung mag schön aussehen – aber sie schafft kaum Mehrwert für den Nutzer.“

Tatsächlich bleibt der Streamingdienst inhaltlich hinter den Erwartungen zurück. Apple investiert Milliarden in hochwertige Produktionen, doch die Reichweite bleibt gering. Während Netflix und Disney mit Massenprogrammen dominieren, spielt Apple auf Exklusivität – ein Premiumansatz, der gut zur Marke, aber schlecht zu Abozahlen passt.

Die Macht der Markenpsychologie

Dennoch: Apple versteht die Psychologie des Marktes wie kaum ein anderer Konzern. Der neue Name ist kein Zufall, sondern eine bewusste Rückkehr zum Kern der Markenidentität. Mit dem Wegfall des Plus-Zeichens verschwimmt die Grenze zwischen Hard- und Software, zwischen Gerät und Inhalt.

Apple positioniert sich damit als einheitliches Ökosystem, in dem alles – Hardware, App, Streamingdienst – denselben Namen trägt. Das vereinfacht die Kommunikation und stärkt die Bindung zum Kunden. Wer ein iPhone besitzt, soll automatisch auch Apple TV schauen – ohne über „+“-Zeichen oder Zusatzdienste nachzudenken.

Die leise Revolution der Einfachheit

Apple braucht kein Plus, um Pluspunkte zu sammeln. Der Schritt mag klein erscheinen, doch er steht für eine große Markenstrategie: Simplizität als Machtinstrument. Während Konkurrenten sich in Fragmentierung verlieren, bündelt Apple seine Identität – und signalisiert: Wir sind nicht nur eine Marke unter vielen.

In einer überkomplexen Medienwelt ist es manchmal der einfachste Name, der am lautesten wirkt.

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