Der Paukenschlag aus Kalifornien
Advanced Micro Devices, kurz AMD, hat das geschafft, wovon viele Tech-Konzerne derzeit nur träumen: einen Fuß in die Tür des KI-Giganten OpenAI gesetzt. Anfang Oktober gaben beide Unternehmen eine strategische Partnerschaft bekannt, die nicht weniger verspricht, als das Fundament der nächsten Generation künstlicher Intelligenz zu legen.
Konkret will AMD ab 2026 für OpenAI eine Recheninfrastruktur aufbauen, die auf den neuen Instinct MI450-Grafikprozessoren basiert – mit einer Leistung von sechs Gigawatt. Das entspricht der Stromaufnahme einer mittleren Millionenstadt. Für AMD ist dieser Auftrag mehr als nur ein Geschäft: Es ist der Versuch, das Monopol des Rivalen NVIDIA im KI-Bereich zu brechen.
Milliardenfantasie trifft Realwirtschaft
Die Details des Deals klingen wie aus einem Zukunftsroman: OpenAI erhält eine Option auf bis zu 160 Millionen AMD-Aktien – gebunden an bestimmte Umsatz- und Kursziele. Das Volumen könnte langfristig Milliardenumsätze generieren. AMD-Chefin Lisa Su spricht von einer „Partnerschaft, die den globalen Ausbau von KI-Rechenleistung entscheidend voranbringen wird“. OpenAI-Gründer Sam Altman nennt die Kooperation gar „den nächsten logischen Schritt auf dem Weg zur generativen Superintelligenz“.
An der Börse sorgte die Nachricht sofort für ein Kursfeuerwerk. Binnen zwei Tagen sprang die Aktie um 15 Prozent auf 235 Dollar. Für einen Wert, der monatelang unter der Dominanz von NVIDIA gelitten hatte, ist das ein Befreiungsschlag.
Analysten überschlagen sich
Die Reaktion der Finanzwelt ließ nicht lange auf sich warten. Wolfe Research hob das Kursziel von 170 auf 300 US-Dollar an – eine fast verdoppelte Bewertung. Analyst Chris Caso sieht in AMD „den einzigen ernsthaften Herausforderer im KI-Zeitalter“ und erwartet bis 2027 eine Gewinnkraft von über zehn US-Dollar pro Aktie.
Seine Rechnung: Rund 15 Milliarden Dollar Jahresumsatz allein aus der OpenAI-Kooperation und bis zu 27 Milliarden Dollar aus sämtlichen KI-Projekten.
„Das Kursziel von 300 Dollar ist eher konservativ“, so Caso. „AMD muss jetzt nur noch liefern.“
Auch andere Analysten stimmen ein: Truist Securities hebt auf 273 Dollar, Barclays und Bank of America sehen ebenfalls Kurspotenzial bis 300 Dollar. BofA-Experte Vivek Arya nennt die Vereinbarung einen „strategischen Meilenstein“, der AMD zu einem glaubwürdigen Player im KI-Infrastrukturbereich mache.
Die neue Rolle des ewigen Zweiten
Lange war AMD der ewige Herausforderer. Während NVIDIA mit seinen GPUs Milliarden verdiente und den Markt dominierte, blieb AMD der kleine Bruder – technisch kompetent, aber ohne Marktmacht. Nun ändert sich das Bild.
Mit den neuen MI450-Chips schließt AMD technologisch auf. Die Architektur zielt direkt auf die Bedürfnisse von KI-Anwendungen und Training großer Sprachmodelle ab. Gleichzeitig punktet AMD mit aggressiver Preisgestaltung, was für OpenAI und andere Cloud-Anbieter attraktiv ist.
„AMD hat das Timing auf seiner Seite“, sagt ein Brancheninsider gegenüber der InvestmentWeek. „Die Nachfrage nach Rechenleistung explodiert, und die Kapazitäten von NVIDIA reichen schlicht nicht aus. Das öffnet ein Zeitfenster – aber kein dauerhaftes.“
Zwischen Euphorie und Risiko
So groß die Fantasie ist, so real sind die Risiken. Die Umsetzung der neuen Helios-Rack-Plattform steht noch aus. Verzögerungen bei der Fertigung, Engpässe bei Auftragsherstellern oder eine Abschwächung des KI-Hypes könnten den Kurs schnell wieder auf den Boden der Tatsachen holen.
Hinzu kommt: AMD bleibt abhängig von Partnern wie TSMC und hat keine eigenen Fertigungsstätten. Jeder Produktionsfehler, jede Lieferverzögerung trifft den Konzern unmittelbar. Auch geopolitische Spannungen im asiatischen Raum könnten die Lieferkette empfindlich störe.
Die Wette auf die Zukunft
Trotz aller Unsicherheiten ist klar: Der OpenAI-Deal markiert einen Wendepunkt. Sollte AMD die vereinbarten Meilensteine erreichen, winken Gewinne, die das Unternehmen in eine neue Liga katapultieren könnten. Analysten der Bank of America kalkulieren mit bis zu elf US-Dollar Gewinn je Aktie bis 2027 – das wäre mehr als eine Verdreifachung der aktuellen Ertragskraft.
Für Investoren bleibt AMD damit ein Wagnis mit doppeltem Boden: Wer an den Siegeszug der künstlichen Intelligenz glaubt, kommt kaum an AMD vorbei. Doch wer sich an den letzten KI-Hype erinnert, weiß, dass zwischen Euphorie und Ernüchterung oft nur ein Quartalsbericht liegt.

