26. Juni, 2025

Unternehmen

Amazon bricht mit ING – und hat schon Ersatz

Amazon beendet Partnerschaft mit ING im Geschäftskundensegment – das einst ambitionierte Projekt für Kredite an Händler auf dem Marketplace liegt vorerst auf Eis.

Amazon bricht mit ING – und hat schon Ersatz
Leise Trennung: Die einst gefeierte Allianz zwischen Amazon und ING ist Geschichte – ohne offizielle Verabschiedung, aber mit spürbaren Konsequenzen für Händler. Noch im Mai lobte Amazon das Kreditangebot der ING öffentlich. Heute ist davon auf der Plattform nichts mehr zu lesen.

Es war ein stiller Rückzug, der in der Bankenszene kaum bemerkt wurde – und doch ist es eine Zäsur: Die ING, Deutschlands größte Direktbank, ist nicht länger offizieller Finanzierungspartner für Amazon-Händler.

Das Vorhaben, mit Amazon gemeinsam ein Fuß in den lukrativen Markt für Unternehmenskredite zu bekommen, ist gescheitert. Die Direktbank hat ihre Händler bereits informiert, neue Kreditanträge über den Amazon Marketplace werden nicht mehr entgegengenommen.

Vom Hoffnungsträger zum Auslaufmodell

Noch im Mai klang alles nach einer Erfolgsstory: Amazon pries die Zusammenarbeit mit der ING als besonders kundenfreundlich, "super einfach und unbürokratisch".

Die Direktbank galt als idealer Partner für kleine und mittlere Onlinehändler, die kurzfristig Kapital für Waren oder Lager benötigten. Nun aber ist der Link zur ING verschwunden, die Werbesprache gestrichen, und auch die ING selbst spricht nur noch von einer "grundlegenden Überarbeitung des Finanzierungsangebots".

Marktdurchdringung blieb aus

Intern dürfte man ernüchtert feststellen: Die erhoffte Skalierung blieb aus. Weder das Volumen noch die Anzahl der Kreditanfragen erreichte die Erwartungen.

Für Amazon kein Problem – der US-Konzern hat längst umgeschaltet und einen neuen Partner aktiviert. Um wen es sich handelt, bleibt bislang unter Verschluss. Klar ist nur: Die Kunden werden bereits auf andere Anbieter umgeleitet.

Vom Hoffnungsträger zum Auslaufmodell: ING wollte sich mit Amazon Zugang zum boomenden KMU-Segment sichern – nun ist das Projekt offenbar gescheitert.

Amazon bleibt strategisch flexibel – Banken nicht immer

Für Amazon ist das Modell einfach: Man testet Kooperationen, wertet Nutzungsdaten aus, optimiert das Angebot und zieht dann pragmatisch weiter. Für Banken wie die ING, die in Zeiten steigender Zinsen nach stabilen Zusatzerträgen suchen, bedeutet so ein Abbruch eine vertane Chance – und in diesem Fall: Reputationsverlust.

Denn offiziell betont man zwar die "Überarbeitung". Doch inoffiziell gilt das Projekt intern wohl als abgewickelt.

Neuer Versuch nicht ausgeschlossen – aber ungewiss

Zwar lässt die ING durchblicken, dass ein Comeback nicht ausgeschlossen ist. Doch die Formulierung ist vage. Zu tief sitzt offenbar die Enttäuschung darüber, dass selbst mit einem Giganten wie Amazon keine nennenswerte Marktposition aufgebaut werden konnte.

In Zeiten wachsender Konkurrenz durch Fintechs, Embedded Finance und Plattformökonomie ist das ein Weckruf für viele Banken: Wer nur als austauschbarer Kreditgeber auftritt, riskiert schneller ersetzt zu werden, als ihm lieb ist.

Was bleibt? Eine Leerstelle – und eine Lektion

Die Episode zeigt einmal mehr, wie schwer es für klassische Banken ist, mit digitalen Plattformen auf Augenhöhe zu kooperieren. Amazon diktiert Tempo, Bedingungen und Kundenzugang. Wer da nicht liefert, wird ausgetauscht. Die ING hat es versucht – und ist vorerst gescheitert.

Für die Direktbank kein Drama, aber ein deutliches Signal: Plattformbanking funktioniert nicht mit guten Absichten allein. Es braucht Skalierbarkeit, technologische Tiefe – und manchmal eben auch den langen Atem, den Tech-Konzerne weniger brauchen als Banken.

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