Die zunehmend komplexe und dynamische Weltwirtschaft stellt Führungskräfte weltweit vor erhebliche Herausforderungen. Eine aktuelle Analyse des Versicherungskonzerns Allianz beleuchtet die besorgniserregende Vielzahl von Faktoren, die zu einem Anstieg von Klage- und Haftungsrisiken beitragen. Dazu gehören Cyberkriminalität, verschärfte Regulierungen, eine unbeständige geopolitische Lage, behördliche Sanktionen, Aktionärsklagen sowie die wachsende Bedeutung der Künstlichen Intelligenz. Diese Risikofelder rücken die Verantwortung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern verstärkt in den Mittelpunkt internationaler Aufmerksamkeit.
In der Auseinandersetzung mit dieser zunehmenden Komplexität hebt Jarrod Schlesinger, ein hochrangiger Manager bei Allianz Commercial, die dynamische Weiterentwicklung der Haftungsproblematik für Unternehmensführer hervor. Besonders die Managerhaftpflichtversicherung – im Fachjargon als D&O-Versicherung bekannt – zeigt sich für Versicherungsanbieter als herausforderndes Geschäftsfeld. Die Schadenskosten sind in den letzten Jahren derart angestiegen, dass sich einige Anbieter entschieden haben, sich aus diesem speziellen Marktsegment zurückzuziehen.
Die Untersuchung der Allianz zeigt eindrücklich einen erheblichen Anstieg der D&O-Klagen, besonders in den Vereinigten Staaten. Hier wurden die Durchschnittskosten eines Vergleichs in D&O-Fällen auf 56 Millionen US-Dollar beziffert, was einem signifikanten Anstieg von 27 Prozent in den vergangenen Jahren entspricht. Wenngleich die Kosten in Deutschland vergleichsweise moderater sind, ist auch hier ein kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) dokumentierte im Jahr 2022 etwa 2.500 D&O-Fälle, was im Vergleich zum vorhergehenden Jahr einem Anstieg von zwölf Prozent entspricht. Die Kosten pro Fall belaufen sich im Durchschnitt auf nahezu 115.000 Euro.
Alfred Mora, der zuständige Manager für das D&O-Geschäft bei Allianz Commercial in Deutschland, erläutert, dass steigende Anwaltskosten sowie die Dauer der Verfahren entscheidend zu den erhöhten Kosten beitragen. Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass in Deutschland rechtliche Herausforderungen oftmals aus den eigenen Reihen, namentlich von den Aufsichtsräten, stammen. Diese sind gesetzlich verpflichtet, bei Unregelmäßigkeiten die Haftungsansprüche zu prüfen, was wiederum die besondere Verantwortung und Sorgfalt der deutschen Unternehmensführung verdeutlicht.
Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen haben viele Versicherer ihre Deckungssummen angepasst und teils signifikant verringert. Eine übliche Deckungssumme liegt bei 15 Millionen Euro. Allerdings erlauben Konsortien internationaler Versicherer, insbesondere für Großkonzerne, erheblich höhere Deckungssummen, die es ermöglichen, Risiken im Schadensfall auf zahlreiche Schultern weltweit zu verteilen.