Ruhrgebiet kippt in die Stichwahl
Dass die AfD ausgerechnet im Herzen des Ruhrgebiets in Schlagdistanz zur Macht kommt, markiert eine Zäsur. In Gelsenkirchen sicherte sich AfD-Mann Norbert Emmerich fast 30 Prozent – nur wenige Punkte hinter SPD-Kandidatin Andrea Henze.
In Duisburg holte Amtsinhaber Sören Link (SPD) zwar komfortable 46 Prozent, muss sich aber dennoch Carsten Groß von der AfD stellen. Hagen erlebt ein Duell zwischen CDU-Kandidat Dennis Rehbein (25,1 Prozent) und Michael Eiche von der AfD (21,2 Prozent).
Die Region galt jahrzehntelang als rotes Bollwerk. Heute zeigt sich, wie tief die Verunsicherung sitzt – und wie leichtfertig frühere Stammwähler ihre Partei wechseln.
Köln und Dortmund – kein Selbstläufer für die SPD
In Köln könnte es zu einem historischen Wechsel kommen: Die grüne Kandidatin Berivan Aymaz liegt mit 28,1 Prozent knapp vor dem Sozialdemokraten Torsten Burmester (21,3 Prozent). Sollte sie die Stichwahl gewinnen, wäre sie die erste Oberbürgermeisterin der Grünen in einer deutschen Millionenstadt.

In Dortmund muss SPD-Amtsinhaber Thomas Westphal trotz 27,4 Prozent in die Verlängerung. Sein Gegner: CDU-Mann Alexander Omar Kalouti, der 17 Prozent erreichte. Auch hier deutet sich an, dass Parteibindungen brüchig geworden sind.
Düsseldorf, Essen, Bonn, Münster – Spannung ohne AfD
Die Landeshauptstadt Düsseldorf bleibt fest in CDU-Hand – zumindest sieht es so aus. Oberbürgermeister Stephan Keller holte 43,6 Prozent und tritt nun gegen die Grüne Clara Gerlach (22 Prozent) an. Essen zeigt ein ähnliches Bild: CDU-Amtsinhaber Thomas Kufen kam auf 42,3 Prozent, SPD-Kandidatin Julia Klewing auf 20,2 Prozent.

In Bonn fordert CDU-Mann Guido Déus die amtierende Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) heraus. Münster schließlich sah eines der knappsten Ergebnisse: Tilman Fuchs (Grüne) führt mit 41,3 Prozent, CDU-Bewerber Georg Lunemann liegt mit 37,3 Prozent dicht dahinter.
Brandmauer als letzte Bastion
Noch am Wahlabend stellten CDU und SPD klar, dass sie im Zweifel zusammenhalten wollen. Ministerpräsident Hendrik Wüst sprach von einer „glasklaren Haltung“, SPD-Landeschefin Sarah Philipp betonte: „Mit der AfD darf es keine Zusammenarbeit geben – auf keiner Ebene.“
Damit steht fest: In allen Stichwahlen mit AfD-Beteiligung wollen die großen Parteien auf Schulterschluss setzen. Ob diese Strategie die Wähler überzeugt, bleibt offen.
Mehr als nur Kommunalpolitik
NRW ist politisches Schwergewicht: 18 Millionen Einwohner, größte Industrieregion Europas. Was hier passiert, gilt schnell als Blaupause für den Bund. Die CDU bleibt mit 33,3 Prozent stärkste Kraft, die SPD kommt auf 22,1 Prozent, die AfD mit 14,5 Prozent auf Rekordniveau für den Westen. Die Grünen verlieren kräftig, Linke und FDP bleiben Randerscheinungen.
Die entscheidende Frage lautet nun: Bleibt die AfD auf 14,5 Prozent eine laute Oppositionskraft – oder gelingt ihr der Einzug in ein Rathaus? Für die etablierten Parteien geht es um mehr als Mandate. Es geht um die Deutungshoheit über die politische Mitte – und um den Beweis, dass ihre „Brandmauer“ tatsächlich trägt.
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