29. Mai, 2025

Politik

Abkassieren in der Not – Wie Berlin mit Verträgen Millionen verschleudert

Schlechte Hygiene, eingefrorenes Essen, Drogenhandel – doch Dienstleister kassieren kräftig mit. Neue Recherchen zeigen: Die Berliner Flüchtlingsunterkunft auf dem alten Flughafen Tegel ist nicht nur ein soziales Problem, sondern auch ein lukratives Geschäftsmodell.

Abkassieren in der Not – Wie Berlin mit Verträgen Millionen verschleudert
Zelte statt Wohnungen: Auf dem ehemaligen Flughafen Tegel leben bis zu 5.000 Menschen unter prekären Bedingungen – für das Land Berlin kostet das jährlich rund 428 Millionen Euro.

Missstände als Dauerzustand

Gefrorenes Essen, fehlende Hygiene, Drogenhandel und Gewalt – die Schlagzeilen über das Berliner Flüchtlingslager in Tegel reißen seit Monaten nicht ab.

Die Notunterkunft auf dem Gelände des alten Flughafens ist Deutschlands größte – und wohl auch teuerste. Was als Provisorium begann, hat sich zu einem Dauerzustand entwickelt. Und zu einem Geschäft.

Denn trotz sinkender Flüchtlingszahlen laufen die Ausgaben ungebremst weiter. Laut einer aktuellen Recherche von „Stern“ und RTL kosten Betrieb und Organisation rund 428 Millionen Euro im Jahr – eine Zahl, die selbst für Berlin ungewöhnlich hoch ist.

Warum das so ist, liegt nicht nur am logistischen Aufwand. Sondern auch an Verträgen, die für viele eine willkommene Einnahmequelle darstellen.

15 Prozent für die Verwaltung

Ein Vertrag zwischen dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und der Messe Berlin sichert der Messe einen Verwaltungsaufschlag von 15 Prozent auf alle Ausgaben rund um die Unterkunft.

Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das die Anlage operativ betreibt, erhebt einen solchen Aufschlag – wie hoch, bleibt unklar. Es geht also um einen fixen Bonus auf jeden Euro, der in Tegel ausgegeben wird.

Die Folge: Je mehr Geld ausgegeben wird, desto höher fällt der Aufschlag aus. Ein Konstrukt, das zumindest einen Anreiz schafft, nicht zu sparen.

Personal im Überfluss, Bewohner im Mangel: Trotz sinkender Flüchtlingszahlen arbeiten weiterhin rund 1.400 Personen in der Unterkunft – Experten stellen das Verhältnis offen in Frage.

Weniger Flüchtlinge, aber mehr Personal

Während die Zahl der Geflüchteten in Tegel sinkt, bleibt der Personaleinsatz hoch. Laut Recherche arbeiten dort weiterhin rund 1.400 Menschen – Tag für Tag. Schon 2022 gingen rund eine Million Euro monatlich allein für Leitung und Management an das DRK. Wer sich fragt, ob das Verhältnis von Aufwand zu Ergebnis noch stimmt, steht nicht allein da.

Auch das LAF und der Berliner Senat zeigen sich mittlerweile unzufrieden mit den Kosten – und mit dem Zustand der Einrichtung. „Die Unterbringung in Tegel entspricht nicht der sonstigen Praxis“, heißt es aus der Behörde. Die laufenden Ausgaben seien „zu hoch“. Doch geändert hat sich bislang nichts.

DRK weist Vorwürfe zurück

Das Deutsche Rote Kreuz wehrt sich gegen die Kritik. Es würden nur Leistungen abgerechnet, die auch tatsächlich erbracht wurden. Überschüsse würden, so die Aussage, wieder zurückgeführt.

Doch der Zweifel bleibt. Warum braucht eine sinkende Zahl an Geflüchteten gleichbleibend viel Personal? Warum wird eine Notlösung mit derart hohen Summen gefüttert, ohne dass sich die Zustände verbessern?

Ein Provisorium auf Dauer

Eigentlich sollte Tegel nur eine Zwischenlösung sein. Doch jetzt ist klar: Die Notunterkunft soll mindestens fünf weitere Jahre bestehen bleiben. Der Senat räumt ein, dass Tegel „nicht geeignet ist, um Menschen ankommen und sich in die Stadt integrieren zu lassen“. Eine Alternative? Fehlanzeige. Die Entscheidungsträger wissen um die Probleme – ändern aber nichts.

Es ist ein System, das am Bedarf vorbei organisiert ist. Und das auf Kosten der Steuerzahler weiterläuft, weil Verträge nun mal Verträge sind.

Am Ende profitieren nur die Falschen

Was bleibt, ist ein trauriges Fazit: Während Menschen unter prekären Bedingungen leben müssen, profitieren andere vom Stillstand. Die einen frieren in Zelten, die anderen kalkulieren Aufschläge. So hat sich in Tegel eine Parallelwelt etabliert – abgeschottet, teuer und schwer zu kontrollieren.

Die Stadt zahlt. Die Dienstleister verdienen. Und die Geflüchteten warten – auf Integration, auf bessere Bedingungen, auf Menschlichkeit.

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