Wenn im Sommer in den USA 32 Klubs aus aller Welt zur neuen FIFA-Klub-WM antreten, geht es längst nicht mehr nur um sportliche Ehren.
Es ist ein Experiment im Hochrisikobereich der Kommerzialisierung: 880 Millionen Euro Preisgeld stellt der Weltverband bereit – ein nie dagewesenes Volumen für ein Turnier, das sportlich kaum Tradition, aber finanziell gewaltige Ambitionen besitzt.
Der nächste Kommerz-Gipfel
Gianni Infantino hat seine Handschrift unter dieses Mammutprojekt gesetzt. „Das Nonplusultra im Klubfußball“, nennt der FIFA-Präsident die Neuauflage des Turniers.
Die Summen sprechen für sich: Schon ein Sieg in der Gruppenphase spült 1,75 Millionen Euro in die Kasse, wer das Finale gewinnt, kassiert zusätzlich 35 Millionen Euro. Insgesamt winken Preisgelder, die in der Geschichte des Fußballs einzigartig sind.
Doch die FIFA geht hier ein riskantes Spiel ein. Während bei der bisherigen Klub-WM noch moderate Summen flossen, katapultiert sich die neue Ausgabe mit ihren finanziellen Ausschüttungen weit über frühere Dimensionen hinaus. Selbst die WM 2022 in Katar wirkte mit ihren 386 Millionen Euro Preisgeld dagegen beinahe bescheiden.
Die großen Gewinner sitzen längst in Europa
Trotz der vollmundigen Beteuerungen, auch den weltweiten Klubfußball zu stärken, profitieren vor allem die üblichen Verdächtigen: Europas Topvereine. Die wirtschaftliche Dominanz der europäischen Ligen ist erdrückend.

In der aktuellen Deloitte Money League schaffte es mit Flamengo aus Brasilien nur ein einziges nicht-europäisches Team unter die 30 umsatzstärksten Klubs der Welt. Angeführt wird das Ranking von Real Madrid, das als erster Verein überhaupt die Umsatzmarke von einer Milliarde Euro pro Saison knackte.
Und genau diese Klubs dürften auch sportlich die Prämien unter sich aufteilen. Die Wettbewerbsverzerrung zugunsten Europas ist systemimmanent: höhere Budgets, stärkere Kader, größere Fanbasen. Infantinos ambitionierter Plan einer globaleren Fußballwelt bleibt bislang eine PR-Formel.
Wo das große Geld wirklich fließt
Treiber des Geldsegens sind nicht mehr allein die Erlöse aus Ticketverkäufen oder dem eigentlichen Spielbetrieb. Sponsoring, Eventvermarktung und Medienrechte dominieren längst das Geschäft.
In der Saison 2023/24 stammten laut Deloitte 44 Prozent der Klubumsätze aus diesen Quellen – ein Anstieg um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Besonders die TV-Rechte befeuern die Spirale immer weiter. Die Deutsche Fußball Liga etwa steigerte ihre Medienerlöse jüngst auf umgerechnet 1,28 Milliarden Dollar pro Saison.
Im Vergleich zu den Summen, die bei der Klub-WM fließen, wirkt selbst das fast schon überschaubar: Allein Streaminganbieter DAZN zahlt rund eine Milliarde Dollar für die exklusiven Übertragungsrechte der neuen FIFA-Veranstaltung – knapp die Hälfte der gesamten Einnahmeerwartung des Turniers.
Belastungsgrenze für Fans und Spieler
Doch während in den Geschäftsetagen Euphorie herrscht, zeigen sich erste Risse an der Basis. Bei den Spielern wächst der Unmut über die steigende Belastung. Nach dem Mammutprogramm der nationalen Ligen, Pokalwettbewerbe, Champions League und Nationalmannschaften folgt nun ein weiteres internationales Großturnier, das den Kalender zusätzlich aufbläht.
Auch bei den Fans hält sich die Begeisterung bislang in Grenzen – insbesondere in Europa. Hier stellt sich die simple Frage: Braucht es wirklich noch ein weiteres Turnier, dessen Reiz einzig aus Rekordsummen besteht?
Für die Zuschauer bleibt abzuwarten, ob sie die inflationäre Ausweitung von Wettbewerben auf Dauer goutieren.

Das globale Fußball-Monopoly der FIFA
Strategisch verfolgt die FIFA mit der Klub-WM ein klares Ziel: Sie will die UEFA mit ihrer Champions League als einziges Milliardenprodukt nicht länger allein dominieren lassen. Der Vorstoß nach Amerika, flankiert von globalen TV-Deals, soll neue Märkte erschließen und das Finanzimperium FIFA weiter wachsen lassen.
Für Infantino steht dabei viel auf dem Spiel. Gelingt der Durchbruch, könnten weitere Formate folgen. Scheitert das Turnier hingegen am Desinteresse der Fans oder wirtschaftlichen Engpässen, droht ein Desaster mit erheblichem Imageschaden für die FIFA und den Weltfußball insgesamt.
Zwischen Experiment und Größenwahn
Die neue Klub-WM ist damit viel mehr als nur ein sportliches Event. Sie ist ein riskanter Drahtseilakt zwischen globalem Wachstumsstreben, ökonomischen Interessen und der Frage, wie viel Kommerz die Fußballbasis noch bereit ist mitzutragen.
Infantinos Projekt könnte das Gesicht des Weltfußballs dauerhaft prägen – oder als das spektakulärste Eigentor des modernen Sportgeschäfts enden.
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