Es ist eine Art Ritual des deutschen Herbstes: Kaum ein anderes Dokument bringt die Absurditäten staatlicher Ausgaben so schonungslos ans Licht wie das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Seit 1949 versteht sich der Verein als Watchdog der öffentlichen Kassen. Und jedes Jahr zeigt er aufs Neue, wie leichtfertig Politiker und Verwaltungen mit Milliarden umgehen, während andernorts über fehlende Investitionen geklagt wird.
2025 fällt die Bilanz besonders drastisch aus. Von der überflüssigen Brücke in Sachsen über ein Fledermaus-Schutzprogramm in Baden-Württemberg bis hin zu luxuriösen Klärschlammexperimenten in Koblenz – die Liste ist lang und steht symptomatisch für eine Politik, die zwar gerne Großprojekte anstößt, deren Folgekosten aber oft ignoriert.
Das millionenschwere Klärschlamm-Debakel von Koblenz
Die Idee klang innovativ: Energiegewinnung aus Klärschlamm, ein Paradebeispiel für Kreislaufwirtschaft. Doch die Realität sah anders aus. 7,8 Millionen Euro Baukosten, weitere 220.000 Euro jährlich für die Wartung – und seit Jahren Stillstand.
Die Anlage scheiterte an einem simplen Problem: zu wenig Schlamm. Das Ergebnis: Eine hochmoderne, aber ungenutzte Infrastruktur, deren Silos heute mehr Symbolcharakter haben als ökologischen Nutzen.

Bremen druckt Quittungen – für 6500 Euro pro Stück
Eine App, 100 Drucker, 143.000 Euro Entwicklungskosten und laufende Betriebskosten von 21.500 Euro jährlich. Zweck: Die Polizei soll nach Kontrollen Quittungen aushändigen – gegen „Racial Profiling“.
Bilanz nach drei Jahren: 32 Quittungen.
Kosten pro Zettel: 6500 Euro.
Währenddessen fehlt der Polizei noch immer das technische Equipment, um Verwarnungen bargeldlos zu kassieren. Einnahmen entgehen, Bürokratie wächst – und Steuerzahler reiben sich verwundert die Augen.
6,3 Millionen Euro für einen Baumwipfelpfad
Bad Iburg wollte 2018 mit einem 600 Meter langen Baumwipfelpfad Touristen locken. Zwei Millionen Euro Förderung aus Hannover halfen, das Projekt anzuschieben.
Doch die Einnahmen blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Schon im Eröffnungsjahr stand ein Defizit von 138.000 Euro. Heute sind die Verluste auf mehr als 6,3 Millionen Euro angewachsen.
Das Urteil des Steuerzahlerbundes ist eindeutig: Ein Paradebeispiel für Fehlanreize durch Förderpolitik.
Vier Fledermäuse, 40.000 Euro – und kein Ende in Sicht
Die Gemeinde Kirchberg an der Murr wollte ihre alte Halle abreißen. Doch der Artenschutz meldete sich: Vier Zwergfledermäuse nutzen den Dachboden.
Kosten für Ersatzquartiere: 20.000 Euro.
Hinzu kommen Monitoring-Aufwendungen von 21.000 Euro, die sich bis 2028 ziehen werden. Ob die Halle jemals fällt, hängt nun vom Wohlwollen der Fledermäuse ab.
Sachsen baut eine Brücke ins Nichts
900.000 Euro für eine Autobahnbrücke nahe der A13 – ohne Anschluss. Ursprünglich sollte sie Teil einer größeren Straßenanbindung werden. Doch das Geld ging aus, die Planungen wurden gestoppt.
Nun steht das Bauwerk mitten in der Landschaft, ein Symbol für fehlende Prioritätensetzung in der Infrastrukturpolitik. Setzt der Freistaat die Planungen fort, drohen Gesamtkosten von fast zehn Millionen Euro – ohne Garantie, dass der Bedarf überhaupt besteht.
Was das Schwarzbuch zeigt
Das Schwarzbuch ist mehr als eine Sammlung von Kuriositäten. Es zeigt strukturelle Probleme auf:
- Mangel an Planungskultur: Projekte werden gestartet, bevor Finanzierung und Bedarfsanalysen gesichert sind.
- Fehlanreize durch Fördergelder: Zuschüsse verleiten Kommunen, Projekte zu beginnen, die wirtschaftlich keinen Sinn ergeben.
- Bürokratische Überregulierung: Gut gemeinter Artenschutz oder Antidiskriminierungsinitiativen kippen ins Absurde.
Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, bringt es auf den Punkt: „Investitionen dürfen nicht zur Haushaltsfalle werden. Politik muss sich fragen, was nach dem Spatenstich passiert.“
Fazit
Die Liste der Beispiele mag belustigen – doch für Bürgerinnen und Bürger, die Jahr für Jahr mehr Abgaben leisten, sind sie ein Ärgernis. In einer Zeit, in der Milliarden für Klimaschutz, Digitalisierung und Verteidigung bereitgestellt werden sollen, wirkt jede ungenutzte Brücke oder stillgelegte Klärschlamm-Anlage wie ein Schlag ins Gesicht.
Das Schwarzbuch erinnert daran, dass öffentliche Haushalte keine Spielwiese sind – sondern das Geld von Millionen Steuerzahlern.
