Ein Rüstungsauftrag, 310 Millionen Euro teurer – binnen zwölf Monaten
Keine Ausschreibung, kein Wettbewerb, keine echte Kontrolle: Die Aufrüstung der Bundeswehr-Transportflugzeuge vom Typ A400M mit Raketenabwehrsystemen wird für den Staat massiv teurer – ganz ohne dass mehr geliefert wird.
Statt wie geplant 450 Millionen Euro kosten die 23 DIRCM-Abwehrsysteme, die Airbus liefern soll, inzwischen 759 Millionen Euro. Ein Preissprung von fast 70 Prozent – innerhalb eines Jahres.
Das geht aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss hervor. Die Zustimmung der Abgeordneten kam trotzdem: Mangels Alternativen.
Einzelfälle? Von wegen. Der Fall zeigt, was passiert, wenn militärische Beschaffung in einem Markt ohne Wettbewerb stattfindet – und wie schwer es ist, in der sicherheitspolitischen „Zeitenwende“ Preiskontrolle mit Verteidigungsnotwendigkeit zu vereinen.
Lasergestützte Abwehr, gesalzene Preise
Das DIRCM-System, das Airbus Defence & Space liefern soll, nutzt Laser, um anfliegende Raketen zu blenden und so von der Flugbahn abzulenken. Die Technologie ist hochkomplex, neu – und kaum verfügbar. Für Airbus ein Glücksfall. Für den deutschen Staat offenbar ein teurer Zwangskauf.
Dass sich der Preis innerhalb eines Jahres um mehr als 300 Millionen Euro erhöhte, begründet das Verteidigungsministerium mit „inflationsbedingten Mehrkosten“.
Doch Experten und Haushälter zweifeln. Sebastian Schäfer, Haushaltspolitiker der Grünen, spricht offen aus, was viele denken: „Das Argument überzeugt nicht.“ In einem Markt, in dem Airbus faktisch der einzige Anbieter ist, entfällt der Preisdruck – ein Einfallstor für überzogene Forderungen.

Das eigentliche Problem: Abhängigkeit
Dass ein einzelnes Unternehmen gleichzeitig Flugzeugbauer und Systemlieferant ist, wäre in zivilen Märkten ein Fall für das Bundeskartellamt. Im militärischen Bereich aber ist es die Norm. Der Airbus-Konzern liefert Flugzeug und Schutztechnik – ein Monopol mit eingebauter Preisgestaltung.
Im konkreten Fall wurde der Haushaltsausschuss des Bundestags erst Ende Mai informiert – mit dem Verweis auf vertragliche Fristen, die keinen Spielraum ließen. Die Zustimmung folgte am 4. Juni – alternativlos. Die Opposition spricht von einem „Erpressungsszenario mit freundlichem Ton“.
Verteidigungshaushalt: Dreifach erhöht, dreifach ausgeliefert?
Die Bundesregierung plant, den Verteidigungshaushalt bis 2029 auf rund 152 Milliarden Euro jährlich zu steigern – eine Verdreifachung gegenüber dem aktuellen Etat.
Das Ziel: 3,5 Prozent des BIP für die Nato-Vorgaben aufbringen. Gleichzeitig sollen diese Ausgaben nicht unter die Schuldenbremse fallen – sie dürfen also über Neuverschuldung finanziert werden.
Doch genau dieser Hebel ruft auch die Rüstungskonzerne auf den Plan. Kritiker befürchten: Wer weiß, dass Geld fließt, stellt höhere Rechnungen. Und wer keine Konkurrenz hat, muss sich nicht rechtfertigen. Die A400M-Preisexplosion ist dabei kein Ausreißer, sondern ein Vorbote.
Ein Projekt mit Geschichte – und Problemen
Der Militärtransporter A400M selbst ist ein Symbol für deutsche Rüstungsbeschaffung: verspätet, überteuert, unzuverlässig. Er sollte bereits in den 2000er Jahren die Luftwaffe stärken – kam aber erst 2013 zum Einsatz. Inzwischen kostet das Projekt den Steuerzahler Milliarden – und ist immer noch nicht voll einsatzbereit.
Dass nun auch die Schutzsysteme zum Preis-Desaster werden, passt ins Bild. Nur: Mit der „Zeitenwende“ im Rücken können sich Unternehmen wie Airbus sicher sein, dass ihre Forderungen nicht nur gehört, sondern letztlich auch bezahlt werden – weil niemand anderes liefern kann.
Kein Wettbewerb, keine Kontrolle – aber Milliarden
Was Airbus hier gelingt, ist das Ergebnis einer strukturellen Schwäche: Deutschlands Beschaffungssystem ist schwerfällig, überreguliert und innovationsscheu – während die Industrie auf globale Nachfrage trifft.
„Es geht um unsere Sicherheit, nicht um die Profite der Rüstungskonzerne“, sagt Grünen-Politiker Schäfer. Doch die Realität ist eine andere: Wer liefern kann, bestimmt den Preis.
Besonders kritisch wird es, wenn wie in diesem Fall unter Zeitdruck entschieden wird. Intransparente Preisbildung, fehlende Ausschreibungen und politische Sachzwänge lassen Haushaltsdisziplin zur Nebensache werden. Verteidigung ja – aber um welchen Preis?
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