Ein Vorschlag, der die Finanzwelt nervös macht
Was Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel vorgelegt hat, geht weit über bisherige EU-Instrumente hinaus. Nach Angaben hochrangiger EU-Beamter sieht der Vorschlag ein sogenanntes Reparationsdarlehen von bis zu 210 Milliarden Euro vor. Finanziert werden soll es aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen – darunter Geld der russischen Zentralbank, das seit Beginn des Angriffs auf die Ukraine blockiert ist.

Deutschland wäre einer der Hauptgeber
Betroffen wären vor allem vier Staaten: Deutschland, Frankreich, Schweden und Zypern. In Frankreich liegt nach EU-Angaben der größte Block an russischem Staatsvermögen. Wie viel russisches Zentralbankgeld in Deutschland geparkt ist, bleibt geheim. Die Bundesregierung schweigt beharrlich – ein Hinweis darauf, wie sensibel das Thema ist.
Insgesamt wird das von Euroclear verwaltete russische Zentralbankvermögen auf 185 Milliarden Euro geschätzt. Die Summen wären also tatsächlich geeignet, Kiew langfristig handlungsfähig zu halten.
Belgien stellt sich quer – aus Angst vor Repression und um den Finanzplatz
Ausgerechnet Belgien, wo Euroclear sitzt, blockiert bisher. In Brüssel heißt es, das Land fürchte negative Folgen für seinen Finanzplatz – und mögliche Vergeltung aus Moskau. Belgien profitiert zudem erheblich von den Zinserträgen der eingefrorenen Gelder, die es teilweise selbst an die Ukraine weiterleitet. Eine komplette Enteignung gilt dagegen als riskanter Tabubruch.
Warum der Plan für Europa so riskant ist
Die Nutzung eingefrorener Staatsvermögen ist ein juristisches Minenfeld:
– Völkerrechtler warnen vor einem Präzedenzfall.
– Finanzexperten fürchten um die Stabilität europäischer Clearingstellen.
– Diplomaten verweisen auf mögliche Reaktionen Russlands – von Klagen bis zu Gegensanktionen.
Trotz aller Risiken drängt die EU-Kommission auf eine schnelle Entscheidung. Denn der Finanzbedarf der Ukraine steigt, während die Bereitschaft der Mitgliedstaaten zu neuen Hilfspaketen sinkt. Von der Leyens Vorschlag ist deshalb weniger eine Provokation als ein Notruf aus Brüssel.
Europa nähert sich einer roten Linie, die bisher tabu war: der direkten Verwendung ausländischer Staatsvermögen zur Kriegsfinanzierung. Ob Deutschland, Frankreich und die anderen betroffenen Länder diesen Schritt gehen, ist offen. Klar ist nur: Der Druck steigt – politisch, finanziell und geopolitisch.


