Von der Euphorie zum Krisenmodus
Es waren keine drei Monate, bis aus dem selbstbewussten Start der schwarz-roten Regierung erste Risse sichtbar wurden. Die misslungene Wahl eines Bundesrichters, die Unruhe über einen Teilexportstopp für Rüstungsgüter an Israel und eine anhaltende Debatte über den Kurs der Bundesregierung haben die politische Stimmung eingetrübt.
Für Merz, der im Wahlkampf auf Führungsstärke gesetzt hatte, steht nun die Handlungsfähigkeit der Koalition auf dem Prüfstand.
Ein Treffen im kleinen Kreis
Am Dienstagabend, 21 Uhr, Kanzleramt. Die Teilnehmerliste liest sich wie das Who’s who der CDU-Spitze: Generalsekretär Carsten Linnemann, Bildungsministerin und Parteivize Karin Prien, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Agrarstaatssekretärin Silvia Breher sowie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.
Offiziell handelt es sich um ein routinemäßiges Gespräch zwischen dem Kanzler und seinen Stellvertretern. Inoffiziell geht es um Schadensbegrenzung – und um die Frage, wie sich das Regierungsbündnis wieder stabilisieren lässt.
Druck von der Straße und aus den Umfragen
Die Forsa-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Schwarz-Rot rutscht auf einen neuen Tiefstand, während die AfD Rekordwerte erreicht. Das Narrativ, man könne durch ruhige Regierungsarbeit verlorenes Vertrauen zurückgewinnen, gerät ins Wanken.

Die SPD, ohnehin unter Profilierungsdruck, sieht die Schuld nicht allein bei sich. Hinter den Kulissen wächst die Sorge, dass sich die Koalition in eine Abwärtsspirale manövriert – genährt von öffentlichem Streit und taktischen Alleingängen.
Heikle Themen auf engem Zeitplan
Merz steht nicht nur innenpolitisch unter Zugzwang. Am Mittwoch ist er in Videoschalten mit internationalen Partnern verplant – darunter US-Präsident Donald Trump, um über die Ukraine zu sprechen.
Der Teilexportstopp für Rüstungsgüter an Israel ist auch außenpolitisch ein Minenfeld: zu Hause ein Reizthema für die Koalition, international ein Balanceakt zwischen Bündnistreue und realpolitischen Abwägungen.
Signale der Führung – und ihre Grenzen
Aus dem Umfeld des Kanzlers heißt es, solche Treffen fänden regelmäßig statt. Doch der Zeitpunkt und die Themenlage lassen keinen Zweifel daran, dass es um mehr geht als um Routine.
Die Botschaft: Die Parteispitze steht zusammen, auch wenn die Schlagzeilen anderes vermuten lassen. Ob diese Geschlossenheit über die Kulissen hinaus trägt, wird sich daran messen, ob Merz die Koalition in den kommenden Monaten wieder in ruhigeres Fahrwasser führen kann.
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