22. August, 2025

Krypto

1,5 Milliarden verschwunden – warum der größte Krypto-Hack kaum Konsequenzen hatte

Im Februar traf es die Kryptobörse Bybit mit voller Wucht: Hacker räumten 1,5 Milliarden Dollar ab. Mittendrin ein Berliner Start-up, das eigentlich für Sicherheit stehen wollte. Doch weder die Börse noch das Wallet-Unternehmen sind verschwunden – im Gegenteil.

1,5 Milliarden verschwunden – warum der größte Krypto-Hack kaum Konsequenzen hatte
1,5 Milliarden Dollar weg: Beim Hack auf Bybit im Februar 2025 verschwand eine der größten Summen der Kryptogeschichte – die Beute bleibt bis heute unauffindbar.

Der größte Raubzug der Branche

21. Februar 2025, kurz nach Mittag: In den Telegram-Chats der Kryptoszene überschlagen sich die Meldungen. Bybit, die nach Binance zweitgrößte Kryptobörse der Welt, ist Opfer eines Hacks geworden.

Rund 1,5 Milliarden Dollar verschwinden spurlos – eine Summe, die selbst in einer Branche, die an Skandale gewöhnt ist, alles bisherige übersteigt.

Innerhalb von Stunden bricht Panik aus. Allein am ersten Tag verzeichnet Bybit mehr als 350.000 Auszahlungsanfragen. Ethereum verliert über Nacht 20 Prozent, Bitcoin stürzt so stark ab wie seit der FTX-Pleite nicht mehr.

Wer noch an die Unangreifbarkeit der großen Kryptobörsen geglaubt hatte, wurde eines Besseren belehrt.

Das Berliner Puzzlestück

Im Zentrum der Affäre taucht ein Name auf, der bislang für das Gegenteil von Unsicherheit stand: Safe. Das Wallet-Projekt aus Berlin, gegründet von Lukas Schor, Richard Meißner und Tobias Schubotz, hatte sich seit 2022 als Garant für sichere Verwahrung etabliert. Investoren wie Tiger Global pumpen mehr als 100 Millionen Dollar in die Firma, Schor landet auf der „Forbes 30 under 30“-Liste.

Dass ausgerechnet Safe im Zusammenhang mit dem größten Krypto-Diebstahl auftaucht, trifft die Szene ins Mark. Denn viele hatten ihr Kapital genau dorthin verschoben, um nicht Opfer der zahlreichen Börsenpleiten zu werden. „Safe galt als letzte Bastion“, sagt ein Brancheninsider.

„Wenn selbst die nicht halten, bleibt nichts mehr.“

Ben Zhou und die Kunst des Wegduckens

Während Anleger um ihre Ersparnisse fürchten, zeigt sich Bybit-Chef Ben Zhou erstaunlich abgeklärt. In einem Podcast erzählt er, es habe ihn genau zehn Sekunden gekostet, den Schock zu verdauen.

Jammern gehöre nicht zu seiner DNA. Das Milliardenloch sitzt tief – aber Zhou weiß, dass im Krypto-Universum andere Gesetze gelten.

Statt Rücktritt oder regulatorischer Aufarbeitung folgte das, was man nur aus dieser Branche kennt: Durchhalteparolen, hektische Patches und der Appell an das Vertrauen der Community. Das Unfassbare: Es funktioniert.

Ben Zhou bleibt gelassen: Trotz des größten Hacks der Kryptogeschichte erklärte der Bybit-Chef, nur zehn Sekunden gebraucht zu haben, um den Milliardenverlust zu verdauen – ein Sinnbild für die Abgehärtetheit der Branche.

Eine Branche ohne Gedächtnis

In der klassischen Finanzwelt hätte ein solcher Skandal das sofortige Aus bedeutet. Eine Bank, die über Nacht Milliarden verliert, wäre Geschichte. Ein Start-up, das trotz „Sicherheits“-Versprechen ins Zentrum des größten Raubs rutscht, hätte keine Investoren mehr.

Doch die Kryptoszene tickt anders. Hier zählen nicht stabile Bilanzen, sondern Narrative. „Es gibt kaum eine Industrie, die schneller verzeiht – oder verdrängt“, sagt ein Analyst. Schon wenige Monate nach dem Hack meldet Bybit wieder Rekordvolumina. Auch Safe wächst weiter, die Nutzerbasis steigt sogar.

Warum eigentlich keine Konsequenzen?

Ein Grund: fehlende Regulierung. Anders als Banken stehen Kryptobörsen nicht unter permanenter Aufsicht. Weder Strafzahlungen noch Lizenzentzug drohen – solange Nutzer zurückkehren, bleibt das Geschäft bestehen.

Hinzu kommt der Herdentrieb der Branche: Viele Investoren sehen schlicht keine Alternativen. Wer nicht zu Binance will, landet zwangsläufig bei Bybit. Und wer sein Geld nicht auf einer Börse liegen lassen möchte, greift auf Wallets wie Safe zurück – selbst wenn das Vertrauen angekratzt ist.

Der blinde Fleck der Dezentralisierung

Das Versprechen der Kryptoindustrie war einst Unabhängigkeit und Sicherheit. Doch der Bybit-Hack zeigt die Kehrseite: Niemand trägt am Ende wirklich Verantwortung.

Milliarden verschwinden, doch weder Manager noch Entwickler müssen zurücktreten.

„Dezentralisierung bedeutet in der Praxis oft: Jeder ist verantwortlich, also niemand“, sagt ein Experte trocken.

Ein Markt, der Skandale verdaut

Während Anleger in Foren noch um ihr Geld streiten, blickt die Branche längst nach vorn – auf neue Coins, neue Produkte, neue Versprechen. Der größte Raubzug der Kryptogeschichte scheint schon wieder vergessen.

Die Frage, die bleibt: Wenn selbst ein Verlust von 1,5 Milliarden Dollar keine Konsequenzen hat – was müsste eigentlich passieren, damit die Szene innehält?

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