Zwei Jahre nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine steht fest: Die Geschehnisse stellen eine geopolitische Zäsur dar, die weit über die unmittelbaren kriegsgeprägten Regionen hinausreicht. Sie kennzeichnen einen tiefgreifenden Wandel im Lebensgefühl europäischer Gesellschaften. Die anhaltende Ungewissheit hat sich dabei zu einer kontinuierlichen Begleiterscheinung des alltäglichen Lebens entwickelt, einem subtilen, aber kontinuierlich präsenten Unterstrom, der die Stimmungslage in Europa prägt.
Während sich die Bevölkerung in Ländern wie Deutschland mit einer Art dauerhaftem Hintergrundrauschen konfrontiert sieht, das zwar omnipräsent, jedoch oft weniger direkt spürbar ist, erlebt die ukrainische Zivilbevölkerung die Auswirkungen des Konflikts als existenzielles und täglich spürbares Desaster. Die Diskrepanz zwischen der relativen Distanz des restlichen Europas zu den tatsächlichen Kriegsereignissen und den drastischen Realitäten vor Ort zeigt die tiefen Bruchlinien auf, die der Krieg zwischen unterschiedlichen Erfahrungswelten gezogen hat.
Diese Entwicklung verdeutlicht, dass die Folgen von geopolitischen Konflikten oftmals eine doppelte Wirklichkeit entstehen lassen: Einerseits die dramatische und unmittelbare Notlage jener, die im Zentrum des Geschehens stehen, und andererseits die adäquate, jedoch manchmal nüchterne Wahrnehmung jener, die in sicherer Entfernung leben. Der Zweijahrestag des Ukraine-Konflikts lädt somit erneut dazu ein, die fortwährende Solidarität mit den betroffenen Menschen zu bekräftigen und sich der langanhaltenden Bedeutung dieser Ereignisse für das kollektive Bewusstsein in Europa bewusst zu werden.