02. Dezember, 2024

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Wirecard-Skandal: Commerzbank warnte frühzeitig vor kriminellen Machenschaften

Wirecard-Skandal: Commerzbank warnte frühzeitig vor kriminellen Machenschaften

Die Commerzbank meldete bereits über ein Jahr vor dem Zusammenbruch des Wirecard-Konzerns an Finanzermittler und Aufsichtsbehörden den Verdacht auf kriminelle Aktivitäten. Diese Warnung blieb jedoch ohne Antwort, wie eine Betrugsspezialistin der Bank nun vor Gericht aussagte. Letztlich zählte auch die Commerzbank zu den Opfern des Wirecard-Skandals: Trotz Bestrebungen, die Geschäftsbeziehung zu beenden, gelang dies erst nach dem Kollaps im Sommer 2020 nicht.

Berichte in der Presse hatten die Commerzbank alarmiert, woraufhin die Betrugsspezialistin 340 verdächtige Überweisungen im Wert von 350 Millionen Euro untersuchte. Sie entdeckte, dass 19 Wirecard-Partnerfirmen in einem einzigen Wolkenkratzer in Singapur ansässig waren und von denselben Personen geleitet wurden. Diese Befunde veranlassten die Bank, im Februar 2019 die Fälle der für Finanzkriminalität zuständigen Ermittlungsbehörde des Bundes (FIU) zu melden, und ebenso die Finanzaufsicht Bafin zu informieren. Doch auch von diesen Behörden kam keine Reaktion.

Angesichts der schweren Vorwürfe gegen Wirecard beschloss die Commerzbank im Frühjahr 2019, die Geschäftsbeziehung schrittweise zu beenden. Dieser ‚weiche Ausstieg‘ wurde jedoch durch die anschließende Insolvenz von Wirecard 2020 unterbrochen. Marcus Chromik, der frühere Risikovorstand der Commerzbank, erklärte am Donnerstag im Münchner Wirecard-Prozess, dass dies nicht weitergehen könne und dass die Bank deshalb den Ausstieg beschlossen habe.

Ein konsortial geführtes Kreditengagement von insgesamt 1,75 Milliarden Euro, an dem die Commerzbank mit 200 Millionen Euro beteiligt war, wurde durch die Insolvenz weitgehend verloren. Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Vorstandschef Markus Braun und seinen zwei Mitangeklagten vor, die Banken systematisch betrogen zu haben. Braun, der seit vier Jahren in Untersuchungshaft sitzt, bestreitet alle Anklagepunkte.

In der Führungsebene der Commerzbank wurde auch über eine sofortige Kündigung des Kreditvertrags diskutiert, was rechtlich nicht möglich war. Ein Verkauf des Kreditengagements war ebenfalls kompliziert, weil die Bank selbst Verdacht geschöpft hatte. Letztlich beschloss man, erst bei der nächsten fälligen Verlängerung des Konsortialkredits auszusteigen – doch zuvor ging Wirecard in die Insolvenz.

Laut Marcus Chromik standen die Finanzaufsicht Bafin und die deutsche Justiz im Frühjahr noch auf dem Standpunkt, dass Wirecard Opfer krimineller Aktienspekulanten sein könnte. Chromik betonte, dass der Ausstieg aus einem Dax-Konzern beispiellos gewesen wäre und man nicht riskieren wollte, im Nachhinein als ‚Deppen am Markt‘ dazustehen.