Im politischen Gefüge der Bundesrepublik formt sich ein Bild, das lange vermisst schien: das der klaren Opposition. Ein Bild, das durch verschiedene Koalitionen und die oft innengerichtete Fokussierung der Sozialdemokraten verwaschen war. Doch der Wandel scheint eingeleitet. Dies zeigte die Generaldebatte deutlich. Friedrich Merz, Spitzenkandidat der CDU/CSU, brachte es prägnant auf den Punkt, als er den Haushaltsentwurf der Ampelkoalition betrachtete. Nichts an diesem Haushalt entspräche den Vorstellungen seiner Partei. Damit zog Merz eine trennscharfe Linie zwischen den Vorstellungen der aktuellen Regierung und der Opposition, ein traditionelles, doch zeitweilig in den Hintergrund getretenes Merkmal der parlamentarischen Demokratie. Allerdings zeigt sich in der Handhabung alltäglicher Politikbereiche, dass die praktische Umsetzung dieses wiederbelebten Dualismus nicht ohne Weiteres gegeben ist. Besonders augenfällig wird dies am Beispiel der Migrationspolitik, ein Terrain, auf welchem sich die AfD bislang mit Exklusivitätsanspruch zu positionieren vermochte. Trotz scheinbar unüberbrückbarer Gegensätze zwischen Regierung und Opposition offenbart sich nun ein Stück weit Konsens. Ein konkretes Ergebnis der differenzierten Auseinandersetzung ist die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber – ein politisches Zugeständnis, das als Erfolg der Opposition verbucht werden darf. Es scheint, als kämen die Konturen der Oppositionspolitik schärfer ins Bild. Bleibt abzuwarten, wie dies das Zusammenspiel von Regierung und Opposition in Zukunft beeinflussen wird.