Volkswagen kommt nicht zur Ruhe. Zum zweiten Mal in diesem Jahr musste der Konzern seine Prognosen für 2024 senken – und zwar drastisch. Ursprünglich hatte VW für das laufende Jahr ein Umsatzwachstum von bis zu fünf Prozent erwartet.
Jetzt lautet die neue Zielmarke: 320 Milliarden Euro, knapp unter dem Vorjahreswert. Auch die operative Rendite wird nicht erreicht: Statt der anvisierten 6,5 bis 7 Prozent liegt sie nun bei bescheidenen 5,6 Prozent.
Die Absatzzahlen brechen ein. Mit neun Millionen verkauften Autos bleibt VW hinter den Erwartungen zurück, was nicht nur den schwierigen Marktbedingungen, sondern auch dem anhaltenden Verlust von Marktanteilen in China geschuldet ist.
Dort verliert VW zunehmend den Anschluss an Tesla und die chinesischen Hersteller, insbesondere im Bereich der Elektromobilität und Plug-in-Hybriden. Das einstige Rückgrat – die Verkäufe von Verbrennern – schwinden ebenfalls.
Die Zahlen stimmen nicht mehr
Volkswagen kämpft auch in Europa. Der Pkw-Absatz geht zurück, vor allem in Deutschland, einem der wichtigsten Märkte für den Konzern. Während 2019 noch fast 9,6 Millionen Fahrzeuge in Europa verkauft wurden, waren es im ersten Halbjahr 2024 nur noch 7,9 Millionen. Der Wettbewerb wird härter, und die Erwartungen an Volkswagen, als führender Volumenhersteller zu bestehen, sind hoch.
„Unsere Situation in Deutschland ist sehr ernst“, sagte Arne Meiswinkel, Verhandlungsführer von Volkswagen bei den Tarifverhandlungen mit der IG Metall. Der Konzern plant tiefgreifende Einsparungen und Umstrukturierungen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch diese Pläne stoßen auf heftigen Widerstand.
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Arbeitskampf vorprogrammiert
Volkswagen steht vor einem schweren Konflikt mit der Belegschaft. Das Management hat signalisiert, dass es zu Werksschließungen und einem erheblichen Stellenabbau kommen könnte.
Die IG Metall reagiert entsprechend scharf. „Die Gewinn-Geier kreisen über den Werken“, sagte Thorsten Gröger, Verhandlungsführer der Gewerkschaft, deutlich verärgert. Auch Daniela Cavallo, Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei VW, ließ keinen Zweifel an der Haltung der Belegschaft: „Wir sind ziemlich viele. Und wir alle sind ziemlich sauer.“
Ab dem 1. Dezember drohen Warnstreiks – der Auftakt zu einem möglicherweise langwierigen Arbeitskampf. Für VW könnte das Timing kaum schlechter sein: In einer Phase, in der das Unternehmen tiefgreifende Veränderungen braucht, um sich gegen den globalen Wettbewerb zu behaupten, droht ein massiver interner Konflikt.
Verlust der Zukunftsmärkte
Besonders in China zeigt sich die Schwäche des Konzerns. VW war lange Zeit Platzhirsch im Reich der Mitte, doch die Elektroautos und Plug-in-Hybride der Konkurrenz sind inzwischen gefragter als die Produkte aus Wolfsburg. Selbst im Verbrenner-Segment, wo VW traditionell stark war, schrumpfen die Marktanteile. Das Ziel, sich als globaler Vorreiter in der Elektromobilität zu etablieren, rückt damit weiter in die Ferne.
Auch in der Finanzsparte schlägt der Rückzug aus dem Russland-Geschäft negativ zu Buche. Gleichzeitig läuft das Geschäft außerhalb Europas nicht so gut wie erhofft. VW hat in den vergangenen Jahren zu viele Chancen verpasst – und muss jetzt die Quittung dafür zahlen.
Ein langer Weg nach vorn
Für Volkswagen bleibt der Weg aus der Krise steinig. Der Wandel hin zur Elektromobilität, den VW mit enormen Investitionen vorantreibt, kostet viel Geld – und bringt bislang wenig Rendite. In Kombination mit den internen Konflikten um Einsparungen und Umstrukturierungen steht das Unternehmen vor einer Zerreißprobe.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, ob Volkswagen den Spagat zwischen Sanierung und Transformation schafft, ohne dabei die Belegschaft gegen sich aufzubringen. Es bleibt abzuwarten, wie der Konflikt mit der IG Metall ausgeht und ob VW die Herausforderungen in den Schlüsselmärkten meistert.