Die jüngste Initiative von Bundesfinanzminister Christian Lindner, parallel zum Industriegipfel im Kanzleramt ein eigenes Treffen mit Wirtschaftsverbänden zu veranstalten, hat für Aufsehen und Kritik gesorgt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil äußerte sich in der ZDF-Sendung 'Markus Lanz' kritisch zu Lindners Vorgehen. Laut Weil sei es absolut nachvollziehbar, dass Bundeskanzler Olaf Scholz in der aktuellen wirtschaftlichen Situation einen hochkarätigen Gesprächskreis einberuft. Die Wirtschaftspolitik müsse unter solchen Umständen zwingend Chefsache bleiben. Dass Lindner jedoch einen konkurrierenden Gipfel inszenierte, beschrieb Weil als 'ziemlich dicker Hund' und 'unter aller Kanone'.
Am gleichen Tag des Kanzlergipfels hatte die FDP-Fraktion Vertreter aus Handwerk und Mittelstand zu einem Treffen geladen. Zudem hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck einen Vorschlag für einen milliardenschweren Investitionsfonds unterbreitet, der bisher auf wenig Anklang bei Scholz und Lindner gestoßen ist. Die Frage nach der Beständigkeit der Ampel-Koalition bis zu den nächsten Bundestagswahlen im September 2025 ließ Weil unbeantwortet, äußerte jedoch den Wunsch, dass die Bundesregierung sich wieder ihrer vollständigen Handlungsfähigkeit widmet und öffentliche Schauspiele vermeidet.
In einem weiteren Punkt plädierte Weil für eine differenzierte Betrachtung des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder innerhalb der SPD. Anders als der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, der Schröders Verbleib in der Partei bestätigte, betonte Weil die Wichtigkeit, Schröders bedeutende politische Erfolge von seinem umstrittenen Verhalten gegenüber Russland zu trennen. Schröder, nach wie vor in freundschaftlichem Kontakt mit Kremlchef Wladimir Putin und aktiv für die mehrheitlich russischen Nord-Stream-Pipeline-Gesellschaften, wird von der Parteiführung ausgegrenzt, auch nachdem ein Parteiausschlussverfahren ins Leere lief.