Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat in Bezug auf den Gaza-Krieg Anzeichen für Kriegsverbrechen und möglicherweise auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit benannt. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur äußerte er schwere Bedenken hinsichtlich Israels Einhaltung der Menschenrechte und des internationalen humanitären Rechts. Türk forderte Deutschland und andere Staaten dazu auf, von Israel die Einhaltung des humanitären Völkerrechts einzufordern und die Vereinten Nationen klar zu verteidigen.
Nach Angaben von Türk seien bei den schweren israelischen Bombardierungen 70 Prozent der Betroffenen Frauen und Minderjährige. Der Großteil der Getroffenen seien Zivilisten. Zudem bezeichnete Türk die kollektive Bestrafung der Palästinenser als Kriegsverbrechen. Es müssten letztendlich Gerichte entscheiden, wer welche Straftaten begangen hat.
Ob es im Gaza-Krieg Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt, sei schwer zu beurteilen. Dies bezieht sich auf großangelegte oder systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung. Türk betonte, dass eine entsprechende Absicht hinter den Angriffen untersucht werden müsse. Es gebe Anzeichen dafür, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden sein könnten.
Das UN-Menschenrechtsbüro, das Türk leitet, fordert die Freilassung der aus Israel verschleppten Geiseln, ein Ende der ziellosen Angriffe der islamistischen Hamas sowie ausreichenden Zugang für humanitäre Hilfe. Israel gewährt nur begrenzten Zugang für Lastwagen in das Gebiet, wodurch eine systematische Verteilung von humanitärer Hilfe aufgrund der anhaltenden Bombenangriffe nicht möglich ist.
Türks Büro dokumentiert Menschenrechtsverletzungen, die bei künftigen Prozessen relevant sein könnten. Obwohl dies die Situation während des Krieges nicht ändere, gebe es auch eine Zeit danach. Türk ist im Gespräch mit allen Parteien, die Einfluss auf die Kriegsparteien haben, darunter den USA, europäischen Staaten, Ägypten, Jordanien, Katar und dem Iran.
Israel hat den Kontakt zu Türks Büro im Jahr 2020 eingefroren, nachdem eine Liste mit Unternehmen veröffentlicht wurde, die am Bau illegaler israelischer Siedlungen beteiligt waren.
Der Gaza-Krieg wurde durch das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels ausgelöst. Terroristen der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen haben am 7. Oktober in der Nähe der Grenze zu Israel 1200 Menschen getötet. Im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde seit Beginn des Krieges vor fast drei Monaten fast 22.000 Menschen getötet worden.