Die Skepsis von Umweltschützern wächst: Ein gemeinsam von der EU und den Mercosur-Staaten angestrebtes Freihandelsabkommen könnte nach Auffassung von Greenpeace gegen die Klimaschutzverpflichtungen der Europäischen Union verstoßen. Grundlage dieser Bedenken ist ein Rechtsgutachten, welches die Umweltorganisation selbst in Auftrag gegeben hat und dessen Ergebnisse jetzt verfügbar sind.
Eine intensivierte Handelsaktivität zwischen den Vertragspartnern – so argumentiert das Gutachten – würde zu einer Zunahme des Ausstoßes von Treibhausgasen führen, da mehr Waren produziert und diese dann per Schiff und Flugzeug transportiert würden. Insbesondere wird angenommen, dass Südamerika verstärkt landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Soja und Fleisch zur Ausfuhr bringen würde, während aus Europa mehr industrielle Produkte wie beispielsweise Autos exportiert werden könnten.
Solch eine Entwicklung würde das ambitionierte Ziel der EU, die eigenen Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zum Stand von 1990 zu reduzieren, sowie die Pariser Klimaziele einer maximalen globalen Erwärmung von deutlich unter 2 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, gefährden. Die EU-Länder, die das Klimaübereinkommen ratifiziert haben, wären somit bei Fortführung des aktuellen Abkommens mit der Notwendigkeit umfangreicher Neuverhandlungen konfrontiert, um rechtliche Konflikte aufzulösen.
Das Projekt einer der weltweit größten Freihandelszonen, welches mehr als 700 Millionen Menschen beträfe, ist bereits seit zwei Jahrzehnten in Diskussion. Es verspricht die Senkung von Zöllen und damit eine Belebung des Handels. Trotz der Fertigstellung des Abkommens im Jahr 2019 ruhen momentan die Bestrebungen zur Implementierung. Der Vertrag stößt auf beiden Kontinenten sowohl aufgrund von Befürchtungen, er könne lokale Märkte und Standards unterminieren, als auch aufgrund von Sorgen um Arbeits- und Umweltstandards auf Widerstand.
Die Europäische Kommission setzt sich gleichwohl für eine Fortsetzung der Verhandlungen ein, um einen erfolgreichen Abschluss herbeizuführen. Doch die Klimaexpertin von Greenpeace, Lis Cunha, bezweifelt die Sinnhaftigkeit eines solchen Schrittes und warnt unter Berufung auf das frische Rechtsgutachten davor, dass das Abkommen bei einer Unterzeichnung vor dem Europäischen Gerichtshof rechtlich angegriffen werden könnte.