14. Oktober, 2024

Finanzen

Schafft die Bundesregierung ein revolutionäres Altersvorsorgedepot?

Die Bundesregierung arbeitet an umfassenden Reformen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge. Das neue Altersvorsorgedepot soll das Sparen mit Aktien erleichtern und mehr Rendite bringen – eine echte Chance für die Altersvorsorge in Deutschland.

Schafft die Bundesregierung ein revolutionäres Altersvorsorgedepot?
Aktien statt Garantie – Das Altersvorsorgedepot setzt auf Flexibilität und höhere Renditen durch Investitionen in Fonds und ETFs.

In Berlin wird viel gestritten, doch in zwei Ministerien läuft leise eine Reform, die das Potenzial hat, die Altersvorsorge in Deutschland grundlegend zu verändern. Das Bundesfinanzministerium feilt derzeit am Altersvorsorgedepot, das Investitionen in Aktien attraktiver machen soll.

Gleichzeitig arbeitet das Bundesarbeitsministerium am BRSG II, einer Reform der betrieblichen Altersvorsorge, die insbesondere Geringverdiener stärker fördern soll. Diese Reformen könnten Millionen Menschen betreffen und die Art und Weise, wie Deutschland für das Alter spart, radikal verändern.

Altersvorsorgedepot: Aktien im Fokus

Das geplante Altersvorsorgedepot könnte das klassische Bild der privaten Altersvorsorge auf den Kopf stellen. Florian Toncar, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, erklärt:

„Wir wollen die geförderte Altersvorsorge moderner und renditestärker machen.“

Was bisher in Lebensversicherungen und staatlich geförderten Riester-Renten verankert war, könnte sich bald in Richtung Aktien und Fonds verschieben. Konkret sollen aktiv gemanagte Fonds und ETFs (börsengehandelte Indexfonds) im Mittelpunkt stehen.

Der große Vorteil: Kein Zwang zur Verrentung und keine Kapitalgarantien mehr. Das bedeutet, dass Sparer am Ende nicht zwangsläufig ihr Kapital in eine lebenslange Rente umwandeln müssen.

Lebenslange Rente? – Der Zwang zur Leibrente fällt weg. Jeder Sparer kann frei entscheiden, ob er sich am Ende eine Rente auszahlen lässt oder nicht.

Auch die lästigen Beitragsgarantien, die in der Vergangenheit oft die Renditen drückten, sollen wegfallen. Stattdessen lockt die Aussicht auf höhere Erträge: 6,5 Prozent Rendite pro Jahr – das wäre das Ziel für einen 30-jährigen Sparer, der monatlich 200 Euro anlegt. Nach 30 Jahren hätte er damit fast 210.000 Euro im Depot, mehr als dreimal so viel, wie er eingezahlt hat.

Lebenslange Rente – aber nur, wenn man will

Das Altersvorsorgedepot soll flexibel sein. Wer dennoch auf Nummer sicher gehen will und eine lebenslange Rente bevorzugt, kann diese weiterhin wählen.

Ein Zwang zur Leibrente gibt es aber nicht mehr – ein Punkt, der von vielen als Vorteil gesehen wird. Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des Fondsverbands BVI, nennt das Modell „revolutionär“: Es bietet Sparern mehr Möglichkeiten, ihre Altersvorsorge individuell und renditestark zu gestalten.

Kritische Stimmen: Wer schützt die Sparer?

Doch nicht jeder ist überzeugt. Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) warnt davor, die Beitragsgarantie zu streichen.

„Wer sagt, dass die Menschen im Alter dann ausreichend abgesichert sind?“ fragt der GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Ohne Garantie könnten Sparer im schlimmsten Fall im Alter ohne zusätzliches Einkommen dastehen. Die Versicherungslobby plädiert daher für Modelle, die weiterhin eine lebenslange Auszahlung garantieren.

BRSG II: Neue Chancen für die betriebliche Altersvorsorge

Parallel zum Altersvorsorgedepot wird auch die betriebliche Altersvorsorge (bAV) reformiert. BRSG II soll vor allem Geringverdienern mehr Vorteile bieten. Eine dynamische Einkommensgrenze, die sich an der Lohnentwicklung orientiert, soll ab 2025 dafür sorgen, dass mehr Menschen Anspruch auf eine geförderte betriebliche Altersvorsorge haben. Bisher lag die Grenze bei 2575 Euro monatlich, künftig soll sie bei 2718 Euro liegen.

Neu ist auch die Möglichkeit, dass bestehende Sozialpartnermodelle für alle Arbeitsverhältnisse geöffnet werden. Das könnte zu einer stärkeren Verbreitung der bAV führen, denn viele Unternehmen könnten sich solchen Modellen anschließen, ohne selbst neue Verträge auszuhandeln.

Ein weiterer Punkt: Opting-out. In Zukunft müssen Arbeitnehmer aktiv widersprechen, wenn sie keine betriebliche Altersvorsorge wollen. Bisher war dieses System nur in Tarifverträgen geregelt, künftig soll es auch durch Betriebsvereinbarungen möglich sein – vorausgesetzt, der Arbeitgeber beteiligt sich finanziell.

Aufbruch in der Altersvorsorge

Die geplanten Reformen der Altersvorsorge könnten das Sparen in Deutschland revolutionieren. Mit dem Altersvorsorgedepot wird der Weg für höhere Renditen frei, indem die Sparer stärker auf den Aktienmarkt setzen können.

Gleichzeitig stärkt das BRSG II die betriebliche Altersvorsorge und sorgt dafür, dass mehr Arbeitnehmer von einer geförderten Rente profitieren können. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Pläne in der parlamentarischen Debatte entwickeln, doch eines steht fest: Die deutsche Altersvorsorge steht vor einem bedeutenden Wandel.