Im Lichte der aktuellen geopolitischen Entwicklungen hat Ulrike Malmendier, Mitglied des einflussreichen Sachverständigenrates, eine verschärfte Haltung der EU in der Energiepolitik gefordert. Die Europäische Union solle den Import von russischem Erdgas konsequent einstellen und dabei anfallende Probleme gemeinschaftlich angehen, so die renommierte Wirtschaftsexpertin. Mit der Verfügbarkeit adäquater alternativer Bezugsquellen für Gas sei ein Boykott nicht nur machbar, sondern könnte auch einen spürbaren Druck auf Russland ausüben.
Malmendier äußerte sich zudem kritisch über die bisherige Effektivität der Sanktionen gegen Russland. Entgegen vorheriger Annahmen habe sich die russische Wirtschaft als widerstandsfähig erwiesen und sei weniger in die internationalen Märkte integriert als vermutet. Gleichwohl erachtet sie es für angebracht, den Einsatz wirtschaftlicher Sanktionen, insbesondere im Rohstoffsektor, konsequent fortzusetzen. Die Art und Weise, wie Deutschland den Energiepreisschock verkraftet habe, zeige eine erstaunlich robuste Anpassungsfähigkeit.
In Bezug auf die wirtschaftlichen Aussichten Deutschlands verwies die Wirtschaftsweise auf eine erkennbare technische Rezession. Die Erholung von den Auswirkungen der Corona-Pandemie sei für Deutschland, als bedeutende Industrienation, schwerfälliger verlaufen als für weniger industriell geprägte Länder. Nichtsdestotrotz habe das Land die Energiekrise erfolgreicher gemeistert als zunächst angenommen. Jedoch bereite ihr das verhaltene Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft Sorgen. Deutschland schöpfe sein volkswirtschaftliches Potential nicht voll aus, was sie auf eine mangelnde Arbeitsleistung, einen überholten Kapitalstock und ein Defizit an innovativen Jungunternehmen in Schlüsselbranchen wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologie und Umwelttechnik zurückführte.