12. Dezember, 2024

Startups & VC

N26: Kampf gegen das Verblassen einer digitalen Vision

Die einst gefeierte Digitalbank N26 kämpft mit Wachstumsschwächen und einer sich verschärfenden Konkurrenz. Trotz solider Zahlen und einer optimistischen Führungsriege bleibt die Frage, wie viel von der einstigen Strahlkraft übrig ist – und ob die Zukunftsstrategie überzeugt.

N26: Kampf gegen das Verblassen einer digitalen Vision
Nach einem fulminanten Start verliert N26 an Dynamik: Rückzug aus den USA, regulatorische Probleme und eine zunehmend ähnliche Konkurrenz setzen der einstigen Digital-Vorzeigebank zu.

Die einstige Vorzeige-Bank unter Druck

Valentin Stalf, Mitgründer und CEO von N26, lässt keine Gelegenheit aus, die Vorzüge seiner Digitalbank zu betonen. Ob blitzschnelle Kontoeröffnung oder modernste Technologieplattform – für ihn ist N26 ein Vorreiter der Branche.

Doch die Realität zeigt ein weniger glamouröses Bild: Die Bank, die einst für ihre Innovationskraft gefeiert wurde, sieht sich heute einem wachsenden Skeptizismus gegenüber.

Nach einem steilen Aufstieg und frühen Erfolgen scheint die Dynamik ins Stocken geraten zu sein. Der Rückzug aus den USA und anderen Märkten, zahlreiche regulatorische Probleme und ein mittlerweile vergleichbares Angebot der Konkurrenz haben die einstige Euphorie gedämpft. Beobachter sprechen von einem Unternehmen, dem der Innovationsgeist abhandengekommen ist.

Starke Zahlen, schwache Perspektive

Dennoch präsentiert N26 auf den ersten Blick beeindruckende Zahlen. Der Umsatz stieg um 40 Prozent auf 440 Millionen Euro, und die Zahl ertragsrelevanter Kunden kletterte auf 4,8 Millionen.

Trotz eines Rekordquartals rechnet N26 mit einem Jahresverlust von 20 Millionen Euro – verursacht durch den Verkauf niedrig verzinster Anleihen und hohe Investitionen in die Zukunft.

Das Unternehmen betont, es habe das beste Quartal seit seiner Gründung erlebt. Die Lockerung der von der BaFin verhängten Beschränkungen zur Kundenakquise hat zu diesem Wachstum beigetragen.

Doch die Profitabilität bleibt ein Knackpunkt. Obwohl N26 erstmals seit elf Jahren einen Monatsgewinn erzielte, wird das Geschäftsjahr 2024 mit einem Verlust von voraussichtlich 20 Millionen Euro enden.

Die Ursache: Der Verkauf niedrig verzinster Anleihen, der das Ergebnis belastet. Zudem bleibt unklar, wie stark das Unternehmen wieder in Marketing und Expansion investiert.


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Die Konkurrenz schläft nicht

Während N26 versucht, verlorenes Momentum zurückzugewinnen, drängen andere Digitalbanken mit Nachdruck voran. Die britische Neobank Revolut hat bereits 50 Millionen Kunden und will diese Zahl verdoppeln.

Auch deutsche Mitbewerber wie Trade Republic und Scalable Capital haben in Bereichen wie Wertpapierhandel und ETFs Marktanteile gewonnen, die N26 gerade erst ins Visier nimmt. Viele dieser Anbieter punkten mit klaren Alleinstellungsmerkmalen – etwas, das N26 aktuell vermissen lässt.

Revolut verdoppelt seine Kundenzahl, Trade Republic setzt Maßstäbe im Aktienhandel, während N26 erst versucht, Fuß in diesen Segmenten zu fassen.

Vage Ideen statt klarer Vision

Die Strategie von N26 wirkt zunehmend diffus. Immobilienkredite in den Niederlanden, ein möglicher Ausbau auf andere Märkte, Kooperationen mit Mobilfunkanbietern und der Einsatz künstlicher Intelligenz – alles klingt vielversprechend, bleibt aber unverbindlich.

Auch das Geschäftsmodell für Geschäftskunden wird als große Neuerung angekündigt, doch Konkretes fehlt.

Ein Börsengang, der 2021 als Ziel ausgerufen wurde, hat sich ebenfalls in die ferne Zukunft verschoben. Während Wettbewerber wie Raisin konkrete Schritte in diese Richtung gehen, bleibt N26 zurückhaltend. Der Markt gibt sich skeptisch, ob die Bank in ihrer jetzigen Form den Sprung auf das Parkett überhaupt wagen kann.

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