02. Dezember, 2024

Politik

Frankreich vor politischer Pattsituation: Rechtsnationales Rassemblement National setzt Höhenflug fort

Frankreich vor politischer Pattsituation: Rechtsnationales Rassemblement National setzt Höhenflug fort

Das rechtsnationale Rassemblement National (RN) hat sich bei der ersten Runde der vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich als stärkste Kraft hervorgetan. Laut ersten Hochrechnungen erreichte das Bündnis von Marine Le Pen zusammen mit seinen Verbündeten 34 bis 34,2 Prozent der Stimmen. Das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron hingegen kam mit 20,3 bis 21,5 Prozent nur auf den dritten Platz, hinter dem Linksbündnis Nouveau Front Populaire, das 28,1 bis 29,1 Prozent erzielte. Für Präsident Macron bedeutet dieses Zwischenergebnis eine deutliche Schlappe. Sein Ziel, die relative Mehrheit seiner Mitte-Kräfte im Unterhaus auszubauen, rückt in weite Ferne. Prognosen zufolge könnten die Rechtspopulisten und ihre Partner im Unterhaus auf 230 bis 280 Sitze kommen. Eine absolute Mehrheit mit 289 Sitzen bleibt jedoch fraglich. Gleichzeitig könnten die linken Kräfte zwischen 125 und 200 Sitze gewinnen, während für Macrons Liberale nur noch 60 bis 100 Sitze prognostiziert werden. Endgültige Zahlen werden allerdings erst nach den Stichwahlen am 7. Juli erwartet. Sollte keines der politischen Lager eine absolute Mehrheit erreichen, drohen Frankreich zähe Koalitionsverhandlungen. Dies ist vor allem aufgrund der traditionell konfrontativen politischen Kultur im Land eine anspruchsvolle Aufgabe. Ein Zusammenkommen der unterschiedlichen politischen Kräfte erscheint derzeit unwahrscheinlich. Ohne klare Mehrheitsverhältnisse könnte Frankreich in einen politischen Stillstand geraten, wobei die Möglichkeit besteht, dass die derzeitige Regierung oder eine Expertenregierung interimistisch im Amt bleibt. Für Deutschland und Europa hätte ein solches Szenario signifikante Auswirkungen. Frankreich könnte als treibende Kraft auf europäischer Ebene weitgehend ausfallen, was besonders auf die deutsch-französische Zusammenarbeit durchschlagen würde. Präsident Macron wäre zwar weiterhin im Amt, seine Fähigkeit, wesentliche Projekte durchzusetzen, wäre aber erheblich eingeschränkt. Sollte RN-Chef Jordan Bardella oder ein anderer Rechtspopulist Premierminister werden, könnte Macron gezwungen sein, seine außenpolitischen Ziele neu zu bewerten. Das RN verfolgt eine europaskeptische Linie und strebt danach, den Einfluss der EU zu reduzieren. Dies könnte auch zu einer blockierenden Haltung Frankreichs in Brüssel führen, insbesondere in Fragen der EU-Erweiterung und NATO-Angelegenheiten. Marine Le Pens Strategie, das RN in der politischen Mitte zu etablieren, scheint aufzugehen. Mit Jordan Bardella als ihrem neuen, weniger polarisierenden Parteichef hat die Partei an Attraktivität gewonnen. Die Verunsicherung der Bevölkerung aufgrund globaler Krisen und die Enttäuschung über Macrons bisherige Politik scheinen RN zusätzlichen Auftrieb zu geben. Präsident Macron und sein Lager haben zudem unter der vereinten Präsenz der linken Kräfte gelitten. Trotz mehrfacher Aufrufe Macrons zur Zusammenarbeit gegen die politischen Extreme, haben sich weder die konservativen Républicains noch Sozialisten oder Grüne mit ihm verbündet. Die Auflösung der Nationalversammlung wurde in weiten Teilen der Bevölkerung als unverantwortlich wahrgenommen, was sich negativ auf Macrons Position ausgewirkt hat. Die Wahlbeteiligung lag zwischen 65,8 und 67 Prozent und zeigte den Willen der Bevölkerung, die politische Situation zu klären. Macron rief nach dem ersten Wahlgang zu einem breiten demokratischen und republikanischen Zusammenschluss auf, um im zweiten Wahlgang ein klares Zeichen zu setzen.