12. September, 2024

Grün

Experten drängen auf verstärkten Bodenschutz zur Bewahrung lebenswichtiger Funktionen

Experten drängen auf verstärkten Bodenschutz zur Bewahrung lebenswichtiger Funktionen

Böden spielen eine entscheidende Rolle für die Weltbevölkerung, da sie große Mengen Kohlenstoff speichern, Wasser reinigen und als Nährstoffquelle für Pflanzen dienen. Um diese wichtigen Funktionen zu erhalten, ist ein verstärkter Schutz der Böden erforderlich, wie der am Dienstag in Berlin vorgestellte "Bodenatlas" zeigt.

Der "Bodenatlas" wird jährlich von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem TMG Think Tank for Sustainability veröffentlicht. Er dient der Wissensvermittlung und sensibilisiert für die Bedeutung des Bodenschutzes.

Laut den Herausgebern sind mehr als 60 Prozent der Böden in der Europäischen Union geschädigt. Auf globaler Ebene haben 50 bis 80 Prozent der Böden ihren Humusgehalt verloren, wie Imme Scholz, Vorständin der Heinrich-Böll-Stiftung, betonte. Humus, die fein zersetzte organische Substanz im Boden, beeinflusst die Bodenqualität, stellt Nährstoffe bereit und fördert die Bodenstruktur.

Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt verdeutlichte die enorme Artenvielfalt im Boden: Auf einem Hektar können bis zu 15 Tonnen Kleinlebewesen existieren. Besonders besorgniserregend sei der tägliche Verlust von 55 Hektar Land in Deutschland für Siedlungs- und Verkehrsflächen - das entspricht etwa der Fläche der Vatikanstadt. Landwirtschaftliche Flächen, Waldböden und Naturschutzböden sind gleichermaßen betroffen.

Die Bebauung führt dazu, dass Böden kein Wasser mehr aufnehmen oder atmen können, was zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt und einer erhöhten Anfälligkeit für Hochwasser und Dürren führt. Dies hat, wie Scholz betonte, verheerende Auswirkungen, wie derzeit bei der Hochwasserkatastrophe in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ersichtlich ist. Obwohl sich die Umwandlung von fruchtbarem Boden seit der Veröffentlichung des vorherigen "Bodenatlas" im Jahr 2015 verringert hat, liegt die Zahl neuversiegelter Flächen immer noch "deutlich zu hoch", so Jes Weigelt, stellvertretender Geschäftsführer des Think Tank.

Ein weiterer kritischer Aspekt, den der "Bodenatlas" beleuchtet, ist die Bildung von Wüsten. Laut Scholz sind mittlerweile 13 EU-Mitgliedstaaten von Wüstenbildung betroffen, darunter auch Länder wie Ungarn und Bulgarien.

Böden können Experten zufolge sogar mehr Kohlenstoff speichern als Wälder und bieten zahlreichen Tieren wichtigen Lebensraum. Laut dem "Bodenatlas" beherbergen Böden mindestens ein Viertel aller Lebewesen der Erde. "Böden sind lebenswichtig für die Anpassung an den Klimawandel", sagte Scholz. Gesunde Böden mit einer ausgeglichenen Porenstruktur nehmen Wasser wie ein Schwamm auf und geben es bei Bedarf ab. "Es ist entscheidend, dass die Landwirtschaft Boden schonend betreibt, damit diese Funktionen erhalten bleiben können", fügte sie hinzu.

Als Beispiele für effektiven Bodenschutz in der Landwirtschaft nannte Bandt den Anbau von Zwischenfrüchten, den Verzicht auf Pestizide und das Pflanzen von Hecken. Diese Maßnahmen schützen Ackerflächen vor Erosion und fördern die Biodiversität. Die Herausgeber des Atlas fordern, Boden ebenso wie Wasser und Luft gesetzlich gleichrangig zu behandeln. Darüber hinaus sei ein eigenständiges Bodenschutzrecht auf europäischer Ebene dringend erforderlich.