Die deutsche Inflationsrate ist im August überraschend unter die Zwei-Prozent-Marke gefallen und bewegt sich damit auf dem niedrigsten Stand seit März 2021. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stiegen die Verbraucherpreise um lediglich 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Diese Entwicklung bestätigt die vorläufigen Schätzungen und gibt Hoffnung auf eine Stabilisierung der Preisentwicklung nach drei Jahren hoher Inflation.
Besonders bemerkenswert ist der starke Rückgang der Energiepreise, die um 5,1 Prozent gesunken sind. Im Gegensatz dazu sind die Preise für Dienstleistungen überdurchschnittlich um 3,9 Prozent gestiegen. Ein erheblicher Preisanstieg um mehr als 25 Prozent war bei Autoversicherungen zu verzeichnen. Auch die Kosten für Dienstleistungen sozialer Einrichtungen und in Gaststätten legten mit plus 7,8 Prozent beziehungsweise 6,7 Prozent deutlich zu, was auch auf gestiegene Gehälter der Beschäftigten zurückzuführen ist.
Im Lebensmittelbereich haben sich die Preise weitgehend stabilisiert und sind nur noch um 1,5 Prozent höher als im Vorjahr. Allerdings gab es bei bestimmten Produkten wie Olivenöl erhebliche Preisanstiege von bis zu 35 Prozent, bedingt durch Missernten in den Mittelmeerländern. Süßwaren wie Honig, Marmelade und Zucker verteuerten sich ebenfalls um 5 Prozent, während Molkereiprodukte günstiger zu haben waren.
Der Preisdruck auf die Verbraucher hat somit abgenommen. Im Juli lag die Inflationsrate noch bei 2,3 Prozent, im Juni bei 2,2 Prozent. Im August waren die Preise sogar um 0,1 Prozent niedriger als im Vormonat Juli. Die Kerninflation, die Energie und Nahrungsmittel ausklammert, ging um 0,1 Prozentpunkte auf 2,8 Prozent zurück.
Sollte der Abwärtstrend der Inflation im weiteren Jahresverlauf anhalten, könnte die Europäische Zentralbank (EZB) Spielraum für eine Lockerung der Geldpolitik erhalten. Bereits im Juni wurden die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Im Juli blieb der Leitzins stabil, wobei die EZB die Möglichkeit einer weiteren Zinssenkung bei der Ratssitzung am 12. September offen ließ. Finanzmärkte rechnen mit einer baldigen Zinssenkung, besonders da die Inflationsrate im Euroraum für August auf 2,2 Prozent geschätzt wurde.
Volkswirte, wie Sebastian Becker von Deutsche Bank Research, warnen jedoch vor verfrühter Euphorie. Es wird erwartet, dass die Inflationsrate zum Jahresende wieder ansteigen könnte. Das Wirtschaftsinstitut ZEW aus Mannheim sieht ebenfalls nur einen vorläufigen Erfolg, aber noch keinen endgültigen Durchbruch in Richtung Preisstabilität.
Die japanische Bank Nomura prognostiziert, dass die Erwartungen des Marktes hinsichtlich Umfang und zeitlicher Abfolge möglicher Zinssenkungen wachsen werden. Ein konsumbasiertes Wirtschaftswachstum wird jedoch als unwahrscheinlich eingestuft.