In der aktuellen Debatte um die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) in Baden-Württemberg, die durch ein Volksbegehren an Fahrt gewonnen hat, offenbart sich laut Kommentaren der "Stuttgarter Zeitung" ein Bildungsdilemma mit tiefgreifenden sozialen Verwerfungen. Ausgehend von den Forderungen einer gebildeten Mittelschicht, kristallisiert sich das eigentliche Problem der Bildungspolitik heraus: die andauernde soziale Schieflage. Angesichts der Tatsache, dass rund 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler basale Bildungsziele nicht erreichen, zeichnet sich ein Versäumnis der politischen Gestaltung ab.
Das Bestreben der Landesregierung, insbesondere in die Sprachförderung im frühkindlichen Bereich sowie im Grundschulwesen intensiver zu investieren, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Problemfelder, die es zu adressieren gilt, liegen somit weniger im gymnasialen Sektor, obwohl auch die derzeitige Struktur der verkürzten Schulzeit am Gymnasium, das sogenannte Turboabitur, seine Unzulänglichkeiten hat. Das neunjährige Gymnasium, das als Reaktion darauf wieder stärker in den Vordergrund rückt, könnte jedoch in ähnlicher Weise problembehaftet sein.
Dieser sachkundige Blick auf die Hintergründe des Bildungsstreits zeigt, dass die Diskussion um G9 weit mehr als eine schulformbezogene Debatte ist; es handelt sich vielmehr um eine Auseinandersetzung mit grundlegenden sozialen und bildungspolitischen Herausforderungen unserer Zeit.