Eine jüngst veröffentlichte Analyse der Unternehmensberatung EY zeichnet ein deutliches Bild: Chinesische Firmenübernahmen in Europa haben das niedrigste Niveau seit einem Jahrzehnt erreicht. Die Anzahl der Akquisitionen sank im vergangenen Jahr auf 119. Dies stellt einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr dar und kontrastiert stark mit der Hochphase im Jahr 2016, als Investoren aus der Volksrepublik nahezu das Dreifache dieses Volumens tätigten.
Nicht nur die Anzahl der Übernahmen, sondern auch die dabei eingesetzten Finanzmittel sind stark rückläufig. Mit einem Investitionsvolumen von gerade einmal zwei Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 wurde ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. EY weist darauf hin, dass bei vielen Transaktionen die genauen Kaufpreise nicht öffentlich bekannt sind.
Die goldenen Jahre der chinesischen Übernahmewelle scheinen vorbei zu sein. 2016 waren schwindelerregende 86 Milliarden US-Dollar von chinesischen Investoren in europäische Unternehmenskäufe geflossen. Seitdem ist ein stetiger Rückgang sowohl der Transaktionszahlen als auch der finanziellen Aufwendungen zu beobachten.
Experten sehen verschiedene Ursachen für diese Entwicklung. Die chinesische Regierung hat die Kapitalflüsse ins Ausland in den letzten Jahren gedrosselt, die politischen Spannungen mit der westlichen Welt nehmen zu, und auch die chinesische Wirtschaft erlebt ein geringeres Wachstum als in vergangenen Jahren.
Dennoch gibt es regional aufschlussreiche Nuancen zu betrachten: In Deutschland, Österreich und der Schweiz nahmen die chinesischen Übernahmen zu. Im Detail stieg die Zahl in Deutschland auf 28, wobei das Investitionsvolumen auf den niedrigsten Stand seit 2010 fiel. Die Schweiz verzeichnete eine Verdoppelung auf sechs Transaktionen, und in Österreich fand eine Zunahme auf zwei Übernahmen statt. Diese Zahlen schließen jedoch Risikokapitalinvestitionen in Start-ups nicht mit ein.
Trotz dieser leichten Zunahme in einigen Ländern spielt China insgesamt eine untergeordnete Rolle bei den ausländischen Investitionsaktivitäten in Deutschland, wo chinesische Firmen nur den neunten Platz belegen. An der Spitze der Statistik stehen Unternehmen aus den USA, die 225 Übernahmen tätigten.
Sun Yi, die Leiterin der China Business Services für Westeuropa bei EY, sieht vor allem politisches Misstrauen als einen entscheidenden Grund für die Zurückhaltung chinesischer Investoren in Europa. Perspektivisch prognostiziert sie eher Investitionen in den Bau eigener Produktionsstätten als in Übernahmen. Länder wie Ungarn, Spanien, Frankreich und die nordischen Nationen werden dabei bevorzugt, während Deutschland weniger im Fokus steht.