02. Dezember, 2024

Politik

Cem Özdemir signalisiert Bereitschaft zur Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch

Cem Özdemir signalisiert Bereitschaft zur Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch

Bundesagrarminister Cem Özdemir setzt sich für eine moderate Anhebung der Mehrwertsteuer auf Fleisch ein, um den Umbau der Tierhaltung zu höheren Standards zu finanzieren. Beim Deutschen Bauerntag in Cottbus unterstrich der Grünen-Politiker die Notwendigkeit, die Steuer nicht auf den vollen Satz, aber um einige Punkte anzuheben. Dabei betonte Özdemir, dass die Gelder ausschließlich zum Umbau der Ställe und zur Verbesserung der Haltungsformen verwendet werden sollen. Verbraucher- und Umweltschützer reagierten geteilt auf den Vorschlag.

Özdemir stand in Cottbus vor schwierigen Verhandlungen. Monate nach den groß angelegten Bauernprotesten gegen das Ende von Diesel-Vergünstigungen herrscht weiterhin Unmut in der Agrarbranche. Er machte sich für eine Lösung stark, bei der Landwirte die Mehrkosten für den Tierschutz nicht allein tragen müssen. Die Ampelregierung hat bereits eine Milliarde Euro für Schweinehalter bereitgestellt, doch ein nachhaltiges Finanzierungsmodell für die gesamte Tierhaltung fehlt bisher.

Das Konzept einer Kommission um Ex-Agrarminister Jochen Borchert, das seit 2020 besteht, schlägt eine höhere Mehrwertsteuer oder eine Tierwohlabgabe vor. Özdemir nutzte die Gelegenheit der Bauernproteste, um für einen "Tierwohlcent" zu werben, der geringer ausfallen könnte als die vorgeschlagene 40-Cent-Abgabe pro Kilogramm Fleisch. In der Koalition stieß dieser Vorschlag jedoch auf Widerstand, insbesondere vom FDP-geführten Finanzministerium.

Bauernpräsident Joachim Rukwied zeigte sich enttäuscht über die bisherigen Entwicklungen und schlug vor, die Mehrwertsteuer auf Fleisch um zwei oder drei Punkte zu erhöhen, jedoch nicht auf den vollen Satz von 19 Prozent. Özdemir bezeichnete Rukwieds Vorschlag als klug und plädierte für eine interfraktionelle Unterstützung im Bundestag, um so die Grundlagen für mehr Tierwohl und eine wirtschaftlich tragfähige Lösung zu schaffen.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch sowie eine Senkung auf Obst und Gemüse, um Klimaschutz und gesunde Ernährung zu fördern. Greenpeace kritisierte den Vorschlag als faulen Kompromiss, der das Steuersystem nur komplizierter mache und weiterhin klima- und umweltschädliche Produkte subventioniere. Stattdessen befürwortet Greenpeace eine Steuerbefreiung für pflanzliche Produkte.

Innerhalb der Ampelkoalition gibt es prompt Einwände. FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer lehnte eine Tierwohlsteuer oder Änderungen am Mehrwertsteuersatz kategorisch ab und betonte, dass dies als individuelle Entscheidung der Bürger über den Warenpreis geregelt werden könne.

Özdemir suchte auch Unterstützung für das Entlastungspaket der Koalition als Antwort auf die Bauernproteste. Erste Entwürfe sollen bald im Bundestag vorgestellt werden. Zudem verteidigte er geplante strengere Tierschutzvorgaben und zeigte sich offen für Dialoge über Regelungen zur Reduktion chemischer Pflanzenschutzmittel.

In einem Punkt distanzierte sich Özdemir klar von Kanzler Olaf Scholz, indem er betonte, dass Entscheidungen über den Mindestlohn der zuständigen Kommission überlassen bleiben sollten. Scholz hatte jüngst eine Anhebung auf 15 Euro pro Stunde befürwortet.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke signalisierte ebenfalls Rückendeckung für die Landwirte und kritisierte erneut die Entscheidung zur Abschaffung der Diesel-Vergünstigungen. Mit einem Zitat Friedrichs des Großen betonte Woidke die fundamentale Bedeutung der Landwirtschaft.