Donald Trump wird wohl nie den Friedensnobelpreis gewinnen. Doch ironischerweise hat er mehr zur europäischen Einigung beigetragen als viele Staats- und Regierungschefs der letzten Jahrzehnte. Seine Amtszeit und mögliche Wiederwahl haben die EU zu tiefgreifenden Entscheidungen gezwungen – in Verteidigung, Finanzpolitik und der Annäherung an Großbritannien nach dem Brexit.
Europas Verteidigungswende
Trump hat das Vertrauen in die NATO geschwächt und die US-Unterstützung für Europa infrage gestellt. Besonders drastisch zeigt sich das in der Ukraine: Die Verzögerungen bei der Militärhilfe haben Europas Abhängigkeit von den USA schmerzhaft offengelegt. Die EU reagiert nun mit einer historischen Entscheidung: 150 Milliarden Euro sollen in den Aufbau einer eigenständigen Verteidigungsindustrie fließen. Besonders betroffen sind Bereiche wie Luftverteidigung, wo Europa noch stark von amerikanischer Technologie abhängt.
Europas Finanzpolitik vor einem Paradigmenwechsel
Die geopolitischen Umwälzungen treiben auch eine finanzpolitische Revolution voran. Jahrzehntelang war die Vergemeinschaftung europäischer Schulden ein Tabuthema, insbesondere in Deutschland. Doch nun gewinnt die Idee an Fahrt – auch als Mittel zur Stärkung des Euro als Alternative zum Dollar. Trump hat durch seine erratische Wirtschaftspolitik Zweifel an der Stabilität der USA gesät. Viele Staaten und Investoren suchen nach Alternativen zu US-Staatsanleihen, was der EU neue Spielräume eröffnet.
Deutschland im Wandel: Vom Exportweltmeister zur Rüstungsnation?
Ein besonders spannender Aspekt dieser Entwicklung ist die neue Rolle Deutschlands. Jahrzehntelang wurde die Bundesrepublik als wirtschaftlicher Motor Europas betrachtet, primär durch den Export von Autos und Maschinen. Doch nun könnte sich ein Wandel vollziehen: Die deutsche Industrie setzt verstärkt auf Rüstung.
Dies könnte nicht nur die eigene Wirtschaft stabilisieren, sondern auch einen neuen Wirtschaftszweig für Europa erschließen. Ein führender französischer Unternehmer fasste es treffend zusammen: „Die Deutschen können keine Autos mehr verkaufen, also werden sie Panzer bauen.“
Brexit-Schäden begrenzen: EU und Großbritannien rücken zusammen
Ein weiterer unbeabsichtigter Effekt der Trump-Ära: Die Spannungen zwischen der EU und Großbritannien nach dem Brexit könnten sich abmildern. Keir Starmer und Emmanuel Macron arbeiten enger zusammen als ihre Vorgänger, und mit Friedrich Merz als potenziellem Kanzler könnte ein pragmatisches Trio entstehen. Eine verstärkte Kooperation, insbesondere in der Verteidigung, könnte Großbritannien und die EU auf einem neuen Level verbinden – ohne eine Rückkehr in die Union, aber mit mehr gemeinsamer Strategie.