Der angeschlagene US-Flugzeugbauer Boeing steht kurz vor der Übernahme seines ehemaligen Zulieferers Spirit Aerosystems. Die Rückholung dieser einstigen Sparte ist seit Langem ein diskutiertes Thema, da die Abspaltung Qualitätsprobleme und Kontrollverluste mit sich brachte. Boeing zahlt den Kaufpreis durch Aktien, und Spirit wird mit 4,7 Milliarden Dollar bewertet. Zudem übernimmt Boeing 3,5 Milliarden Dollar an Schulden des Zulieferers. Der Deal soll am Sonntag abgeschlossen und bereits am Montag offiziell bekanntgegeben werden.
Spirit Aerosystems spielt eine wichtige Rolle bei der Herstellung des Rumpfes für Boeings 737-Modelle. Nach der Abspaltung im Jahr 2005 produzierte das Unternehmen nach diversen Zukäufen auch Teile für Airbus. Diese Zusammenarbeit erforderte eine Lösung, bevor Boeing Spirit zurückkaufen konnte. Laut Bloomberg wird Airbus den Erwerb einiger Spirit-Standorte bekanntgeben.
Die Abspaltung von Spirit sollte ursprünglich zur Verschlankung und Kosteneinsparungen führen, doch in der Praxis führte sie zu Qualitätsproblemen. Mehrfach wurden Unregelmäßigkeiten festgestellt, wie falsch gebohrte Löcher an Flugzeugrümpfen. Besonders brisant war im Januar der Zwischenfall mit einer neuen Boeing 737-9 Max von Alaska Airlines, bei dem ein Rumpfteil während des Steigflugs abbrach. Auch hier wurde ein fehlerhaftes Teil von Spirit als Ursache identifiziert.
Dieser Zwischenfall setzte Boeing weiter unter Druck, die Qualitätskontrollen zu verbessern. Maßnahmen wurden ergriffen, indem mehr Prüfer zu Spirit geschickt wurden. Gespräche über die Rückholung von Spirit durch Boeing wurden bereits im März bekannt.
Zusätzlich drohen Boeing rechtliche Konsequenzen. Laut Berichten der "New York Times" und Bloomberg plant das US-Justizministerium, eine Betrugsanklage zu erheben. Hintergrund ist eine Vereinbarung zur Strafvermeidung nach Abstürzen zweier 737-Max-Maschinen 2018 und 2019, bei denen insgesamt 346 Menschen ums Leben kamen. Die Nichteinhaltung der damaligen Auflagen könnte Boeing nun erneut mehrere hundert Millionen Dollar und die Einsetzung eines Aufsehers kosten.
Boeing steht vor der Entscheidung, zwischen einem Schuldeingeständnis und einem Prozess zu wählen. Ein Eingeständnis würde eine erneute Strafe von 243,6 Millionen Dollar sowie die Akzeptanz eines Aufsehers bedeuten.