In einem bemerkenswerten Schachzug kündigte Zoom, Synonym für den Homeoffice-Boom, eine erneute Hinwendung zur Büropräsenz an. Ein Weckruf für die hybride Arbeitswelt? Deutsche Schwergewichte wie SAP haben ihre Homeoffice-Regeln justiert und erwarten, dass Teams verstärkte Präsenz zeigen. Ab diesem Monat sollen SAP-Mitarbeitende mindestens drei Tage wöchentlich im Büro oder beim Kunden sein - eine Übergangsphase gilt bis Mai.
Auch die Telekom zieht die Zügel an: Normalbeschäftigte sollen dreimal, Führungskräfte viermal die Woche präsent sein. Volkswagen und die Deutsche Bank verlangen ähnliche Präsenzzeiten von ihren Spitzenkräften und haben die neuen Regelungen bei VW bereits implementiert, während sie bei der Deutschen Bank im Juni in Kraft treten werden.
Doch beschwört dies das Ende des Homeoffice herauf? Philipp Grunau vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung deutete nicht auf eine generelle Abkehr hin. Seit dem Homeoffice-Hochpunkt zu Pandemiebeginn sank die Quote zwar leicht, verbleibt aber über dem Vorpandemieniveau.
Simon Krause vom Ifo-Institut spricht von einer beständigen Quote von etwa 25 Prozent in puncto Homeoffice und referenzierte eine Umfrage aus dem Herbst 2023, bei der die Mehrheit der befragten Firmen angab, die aktuell geltenden Regelungen beizubehalten. Mit einem stabilen oder nur leicht sinkenden Anteil an Heimarbeitern rechnen beide Experten.
Grosse Unternehmen wie Mercedes Benz, Allianz, Hannover Re, Otto, Vodafone, Continental, Tui, Bayer, Siemens und Henkel haben vorerst keine Verschärfungen der Homeoffice-Richtlinien in Planung. Die Begründungen sind vielfältig: Work-Life-Balance, Flexibilität und Anziehungskraft als Arbeitgeber.
Grunau warnt vor allzu strikten Präsenzforderungen in Zeiten des Fachkräftemangels. Arbeitnehmer besäßen eine starke Verhandlungsposition; restriktive Homeoffice-Politik könnte zur Abwanderung führen, was anderen, kleineren Unternehmen zugutekommen könnte.
Einige Firmen reagieren auf den anhaltenden Homeoffice-Trend mit der Reduktion der Büroflächen, was sich im Immobilienmarkt niederschlägt. Der IAB-Experte mahnt, niemanden zum Homeoffice zu zwingen und erwähnt die Tendenz zu Mehrarbeit und vermischten Grenzen von Arbeit und Freizeit als potentielle Nachteile.
Die Arbeitsproduktivität im Homeoffice hängt stark von der Art der Tätigkeit ab. Persönliche Abstimmung und Kommunikation profitieren vom Büroumfeld, während zum Beispiel Programmierarbeiten allein und konzentriert oft besser von zu Hause bewältigt werden können.
Ein Gleichgewicht zwischen dem Wunsch nach Homeoffice und firmenseitiger Machbarkeit kann die Zufriedenheit und Verbundenheit der Mitarbeitenden stärken und mündet oft in eine gesteigerte Gesamtproduktivität.