Die deutsche Immobilienbranche steht vor einer bedeutsamen Herausforderung: ein deutlicher Rückgang im Wohnungsbau, wie die Experten des Rats der Immobilienweisen in ihrem Frühjahrsgutachten mit Besorgnis feststellen. Sie weisen darauf hin, dass es angesichts hoher staatlicher Abgaben und unzureichender Förderungsmaßnahmen zu einem gravierenden Fehlbestand von 600.000 Wohnungen im laufenden Jahr und bis zu 830.000 Einheiten im Jahr 2027 kommen könnte. Das renommierte Ifo-Institut unterstützt diese Sorge mit der Prognose, dass die Zahl der jährlich fertiggestellten Wohnungen bis 2026 um 35 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren sinken könnte.
Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses, drückt die Lage drastisch aus: 'Bauen ist heute faktisch unmöglich'. Er führt weiter aus, dass die Kosten so hoch seien, dass Entwickler erst bei Durchschnittsmieten von 21 Euro je Quadratmeter Gewinne erwirtschaften könnten – ein finanziell kaum tragbares Modell für den Sektor. Das ambitionierte Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohnungen jährlich zu errichten, wirke damit zunehmend unrealistisch, bemängelt Lars Feld, Immobilienweise und Direktor des Walter-Eucken-Instituts.
Ein Vergleich mit anderen europäischen Staaten verdeutlicht die Dramatik: Nur Schweden verzeichnet laut der Studie von Euroconstruct einen stärkeren Rückgang bei der Anzahl neu gebauter Wohneinheiten. Ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister kritisiert, dass die gestiegenen Kosten für Bau und Finanzierung einen Neubau oft verhindern würden und mahnt, dass politische Entscheidungsträger die Rahmenbedingungen bisher nicht signifikant verbessern konnten.
Mattner moniert insbesondere die hohe Staatsquote in Deutschland, die beim Bauen bei 37 Prozent liege – im Vergleich zu wesentlich geringeren Prozentsätzen in Ländern wie Österreich, Frankreich oder Polen. Eine Reduzierung der Staatsquote auf 22 Prozent könnte aus Sicht der Immobilienweisen bereits eine spürbare Entlastung bringen und Mieten senken.
Die Branchenakteure sehen Lösungen: Unter anderem fordern sie von Bundesländern eine Aussetzung der Grunderwerbsteuer und kommunaler Abschöpfungen. Klara Geywitz, Bundesbauministerin, sieht zwar Herausforderungen, aber auch positive Entwicklungen und betont, dass sich Zinsen stabilisieren und Baumaterialpreise normalisieren.
Als lichter Hoffnungsschimmer bewertet der ZIA das neue Förderprogramm des Bundes für umweltfreundlichen Neubau. Größere Fördersummen von drei oder sogar neun Milliarden Euro könnten nach Einschätzung des Verbands den Wohnungsmarkt nachhaltig beleben.
Außerdem weist Feld auf das Wachstumschancengesetz als wichtigen Schritt hin, das momentan im politischen Vermittlungsprozess steht. Die Debatte, wie sich Unternehmensinvestitionen fördern lassen und gleichzeitig eine Balance bei den Steuersubventionen zu finden ist, wird weiterhin intensiv geführt.