Die zweite Handelswoche im neuen Jahr 2024 steht bevor und die Stimmung am deutschen Aktienmarkt ist getrübt. Nach anfänglichen Gewinnen, die den Dax knapp an sein Rekordhoch bei etwas über 17 000 Punkten geführt hatten, sind Zweifel und Unsicherheit zurückgekehrt. Die hohen Erwartungen, dass die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) in diesem Jahr die Zinsen senken werden, wurden gedämpft. Es stellt sich nun die Frage, ob sich der Abwärtstrend fortsetzt oder eine Erholung einsetzt.
Die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer richtet sich nun auf die zahlreichen anstehenden Wirtschaftsdaten, die in dieser Woche veröffentlicht werden. Besonders interessant sind die Quartalsberichte der großen US-Banken, die voraussichtlich am Ende der zweiten Handelswoche präsentiert werden. Diese werden voraussichtlich auch hierzulande für Bewegung sorgen.
Marktexperte Andreas Lipkow zeigt sich optimistisch und sieht Potenzial für eine Trendwende in dieser neuen Handelswoche. Er ist der Meinung, dass die Chancen für eine sanfte Landung der US-Konjunktur gut stehen und auch die Konjunktur in Asien sich langsam verbessert. Positive Überraschungen von den US-Banken könnten ebenfalls zu einer Stabilisierung beitragen.
Auch die Analystin Claudia Windt von der Helaba ist nicht grundsätzlich negativ gestimmt. Sie sieht es als zu früh an, bereits an einem positiven Gesamtjahr für Aktien zu zweifeln. Die derzeitige Entwicklung entspreche eher einer gesunden Konsolidierung. Zum Jahresende neigen Anleger häufig zu übertriebenen Erwartungen, was auch als 'Jahresendrally' bekannt ist. Nun zeige sich mehr Realitätssinn und überzogene Erwartungen an Zinssenkungen würden schwinden.
Laut Windt haben vor allem günstige US-Konjunkturdaten und die deutschen Inflationsnachrichten Zweifel an einer raschen und aggressiven Zinssenkung geweckt. Ob sich dieser Trend fortsetzt und weitere Korrekturen an der Börse bevorstehen, hängt in erster Linie von den Inflationsdaten in dieser Woche ab. Doch eine wirkliche Klarheit erwartet die Analystin nicht. Obwohl der Inflationsdruck in den USA im Dezember tendenziell nachgelassen haben sollte, bleibt die Dynamik in der Kernrate mit geschätzten drei Prozent zu hoch für eine rasche Zinswende, so Windt.
Am Donnerstag werden die Verbraucherpreise in den USA veröffentlicht. Zudem werden in den ersten beiden Tagen der Woche November-Daten zu Industrieaufträgen und zur Industrieproduktion aus Deutschland bekannt gegeben.
Auf der Unternehmensseite stehen vor allem die ersten bedeutenden Quartalsberichte aus den USA im Fokus. Am Freitagnachmittag (MEZ) werden JPMorgan, die Bank of America und die Citigroup ihre Ergebnisse für das abgelaufene Jahresviertel vorlegen und möglicherweise auch erste Einschätzungen für das neue Jahr geben. Analystin Anke Reingen von der kanadischen Bank RBC erwartet, dass die guten Geschäftsentwicklungen der vorangegangenen Quartale bei den globalen Investmentbanken weitergeführt wurden. Zudem sieht sie günstige Rahmenbedingungen für das Jahr 2024.
In Deutschland wird von der Online-Apotheke Redcare ein Zwischenbericht für das abgelaufene Jahr erwartet. Doch zunehmend rückt das Potenzial des elektronischen Rezepts in den Fokus, dessen Einführung seit Beginn des Jahres 2024 verpflichtend ist. Der Berenberg-Analyst Gerhard Orgonas zeigt sich daher sehr positiv und gab am Freitag eine Kaufempfehlung für die Redcare-Aktie ab, was zu einem Kursanstieg führte. Die Redcare-Aktie konnte sich im Jahr 2023 bereits verdreifachen.